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Peter Kurth als Onkel Wanja

© Julian Röder/Festspiele

Theatertreffen: Onkel Volvo

Stuttgarts trister Tschechow beim Berliner Theatertreffen.

Wenn alles gesagt und geklagt und die üble Verwandtschaft abgereist ist, sitzen Sonja und Wanja auf der kahlen Bühne unter einer riesigen Neon-Ufo-Sonne. Sie schneidet ihm die Fußnägel, er sagt: Aua!

Ja, dieser Abend vom Schauspiel Stuttgart tut weh. Tschechow schmerzt immer, wenn Regisseure und Schauspieler einen modus vivendi mit ihm finden. Tschechows Stücke handeln im Grunde von nichts, sie erzählen keine Geschichten, es wird auf diesen Landgütern so gut wie nicht gestorben, aber eben auch nicht wirklich gelebt. Dafür heftig und einseitig geliebt. Es ist alles furchtbar und elend, aber auch lustig und sehr normal. Die Frage ist: Kennen wir Tschechow zu gut – oder kennt er uns besser?

Robert Borgmann ist ein junger Regisseur. Geboren 1980 in Erfurt, hat er an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Regie studiert und auch schon am Maxim-Gorki-Theater inszeniert. Er ist mit Armin Petras nach Stuttgart gegangen und wurde gleich mit seinem „Onkel Wanja“ zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Er nimmt, und zwar dreieinhalb Stunden lang, Tschechow verdammt ernst und schwer. Kaputte Säufertypen, Wichtigtuer, mehr gibt’s nicht. Ein paar Gartenstühle und ein Volvo-Kombi, der dank feiner Bühnentechnik seine stummen Kreise zieht und mal als Dach überm Kopf, mal als Abenteuerspielgerät dient. Und zwei Musiker stehen an der Seite und produzieren melancholische Lounge-Atmosphäre. Alles Scheiße, euer Anton Pawlowitsch ...

Für wenn soll man sich denn interessieren? Und warum? Für den aggressiven Landarzt Astrow von Thomas Lawinky? Den verbitterten, erledigten, gleichwohl kräftig zupackenden Wanja von Peter Kurth? Vielleicht für die schöne Elena von Sandra Gerling, die bloß laut ist und ordinär? Rumhängen, pöbeln, anmachen, durchdrehen: Borgmann zerlegt das Stück in Motive und Stimmungen und sampelt sich eine Wanja-Volvo-Endlosschleife. Nicht nur blöd, aber auch nicht neu. Die Wooster Group hat vor Urzeiten solche Sachen gemacht. Stopp! Katharina Knap als Sonja hat in ihren Monologen einen starken Ton. Sie übernimmt die Aufführung. Alle andern schlapp, totale Loser. Sie will kämpfen – und nicht als Tante Sonja enden.

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