zum Hauptinhalt

Kultur: Thomas Mann kommt jetzt als Mammutausgabe

Unter den gewaltigen Kronleuchtern im Audienzsaal des Lübecker Rathauses, die die Bürger zu Eintracht und Gerechtigkeit mahnen, hat er selbst schon gestanden. Thomas Mann erhielt hier 1955, ein Jahr vor seinem Tod, die Ehrenbürgerwürde seiner Geburtsstadt.

Unter den gewaltigen Kronleuchtern im Audienzsaal des Lübecker Rathauses, die die Bürger zu Eintracht und Gerechtigkeit mahnen, hat er selbst schon gestanden. Thomas Mann erhielt hier 1955, ein Jahr vor seinem Tod, die Ehrenbürgerwürde seiner Geburtsstadt. An diesem Ort stellte der S. Fischer Verlag die ersten Bände der Großen kommentierten Frankfurter Ausgabe (GKFA) seiner Werke vor: „Buddenbrooks", „Essays I" und „Briefe I". Im Jahre 2015, 20 Jahre nach den ersten Planungen, soll der letzte der 38 Bände erscheinen. Neben dem erzählerischen Werk und den Tagebüchern liegen dann die Essays erstmals vollständig vor, die Briefe in reicher Auswahl. Die bisher größte Werkausgabe des S. Fischer Verlages ist, daran ließ die Verlegerin Monika Schoeller keinen Zweifel, ein ökomisches Wagnis. Der Verlag, der vor Jahren rote Zahlen schrieb, die Unternehmensberatung McKinsey ins Haus holte und umstrukturiert wurde, geht es übrigens ohne einen Sponsor ein.

„Buddenbrooks" ist zum ersten Mal wieder in der Fassung des Erstdrucks zu lesen und nun etwa ein Zehntel länger. Die ursprüngliche Rechtschreibung („that“ statt „tat", „Comptoir" statt „Kontor") historisiert den Roman und trägt zuweilen den gedehnten Tonfall des Lübecker Norddeutsch in das Satzbild. Auf Mischtexte aus verschiedenen Ausgaben wird verzichtet, Varianten und Vorstufen verzeichnet der Kommentar. Für ihn gilt nicht die Maxime des Erzählers in den Joseph-Romanen, wonach nur das wahrhaft gründliche auch unterhaltend sei. Das versprach Eckhard Heftrich, der gemeinsam mit Heinrich Detering, Hermann Kurzke, Terence J. Reed, Thomas Sprecher, Hans R. Vaget und Ruprecht Wimmer die GKFA herausgibt. Der Kommentarband soll mit einem Einleitungsessay, den Angaben zu Entstehungsgeschichte, zu Text- und Quellenlage sowie den Stellenerläuterungen lesbar und verständlich ausfallen. Thomas Manns beinahe lebenslange Selbstdisziplinierung am Schreibtisch hat reiche Früchte getragen, und um die ohnehin schon gewaltigen Textmassen der GKFA nicht weiter aufzublähen, werden weitere Dokumente, die Notizbücher, Antwortbriefe und ähnliches in einer elektronischen Edition vorgelegt. Die GKFA ist eine prächtige Equipage, die einen der wohl wichtigsten Autoren deutscher Sprache nach Goethe sicher in das nächste Jahrhundert geleiten wird. pla

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false