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Kultur: Till Brönner

Diese Woche auf Platz 16 mit: „Oceana“

„Es gibt da einen jungen Typen an der Westküste, der dich fertig machen wird.“ Legendäre Worte aus dem Jazz-Zwieback-Archiv. Ausgesprochen haben soll sie Charlie Parker gegenüber Miles Davis. Der junge Typ, den Parker meinte, hieß Chet Baker. Klingt wie in einem billigen Western, klingt nach Hollywood. Natürlich hat unter Jazzmusikern selten einer einen anderen erschossen, doch entwickelte sich in Hollywood der Westcoast-Jazz, der geschmeidige Sound des „California Cool“, der in den fünfziger Jahren zum Gegenpol des tatsächlich kühleren Ostküsten-Jazz wurde. Aus New York kamen die Intellektuellen, aus Los Angeles die Seelenstreichler. Könnte daran gelegen haben, dass Chet Baker auf den Fotos von William Claxton beinah aussah wie James Dean.

Fünfzig Jahre später. Till Brönner steht auf den Fotos von Jim Rakete auch ziemlich gut da. Blinzelt am Strand von Malibu in die Sonne oder blickt auf die Stadt herab, in der er sein neuntes Album aufgenommen hat. Fern der Heimat und doch ganz bei sich. In Deutschland muss man Brönner trotz seines Erfolgs immer wieder verteidigen. Sowohl gegen seine Kritiker als auch gegen seine Befürworter. Da ist einmal die notorisch dünkelhafte Jazz-Orthodoxie, der so viel Schönheit per se suspekt erscheint. Und der Erfolg erst recht. Auf der Seite der Befürworter finden sich erwartungsgemäß Frauen- und People-Blätter. Brönner hat, wie gesagt, gute Fotos. Und zu denen begeistert man sich für „Klänge, die unter die Haut gehen“. Das ist tendenziell uncool, sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass „Oceana“, jetzt mal ganz unkühl gesprochen, eine großartige, zeitgemäße und zugleich zeitlose Cool-Jazz-Platte ist.

Ralph Geisenhanslüke

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