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Tod Heinz Berggruens: Picasso-Museum als Vermächtnis

Der Kunstsammler und Mäzen Heinz Berggruen ist im Alter von 93 Jahren in Paris gestorben. Berlin verdankt ihm eine Sammlung, die die Stadt international wieder in die Weltrangliste der Klassischen Moderne führte.

Berlin - Heinz Berggruen war mit den Malern Pablo Picasso und Henri Matisse befreundet, er kannte Joan Miró, Max Ernst oder Hans Arp. Wenn Heinz Berggruen von sich reden machte, ging es fast immer um Kunst - und lange auch ums Geschäft. Am Freitag ist der renommierte Kunsthändler, Kunstsammler und Mäzen Berggruen im Alter von 93 Jahren in Paris gestorben, wo er neben Berlin einen Wohnsitz hatte. Sein sichtbarstes Vermächtnis in Deutschland ist das Berliner Berggruen-Museum, das mit seinem Picasso-Schwerpunkt als eine der schönsten Privatsammlungen der Klassischen Moderne gilt.

Erst im vergangenen Dezember hatte Berggruen seinen "Rückzug ins Privatleben" angekündigt und aus diesem Anlass dem Berliner Museum im Stühler-Bau gegenüber dem Schloss Charlottenburg eine Skulptur von Alberto Giacometti, "Die Große Stehende Frau III" aus dem Jahr 1960, geschenkt.

Rückkehr nach Berlin nach sechs Jahrzehnten

Heinz Berggruen, Sohn eines deutsch-jüdischen Schreibwarenhändlers aus Berlin, ist in seinem langen Leben zum Kosmopoliten geworden. 1936 hat er das nationalsozialistische Deutschland mit einem Stipendium in der Tasche Richtung USA verlassen. Er hat in San Francisco und später lange in Paris gelebt. Erst nach sechs Jahrzehnten ist er 1996 nach Berlin zurückgekehrt - mit 113 Meisterwerken der Kunst im Gepäck. Einen "Berliner von Geburt, Franzosen aus Distinktion und Kunstkenner mit US-Pragmatismus", hat ihn Peter-Klaus Schuster, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, einmal genannt.

Heinz Berggruen war ein kleiner, fast zarter Mann, der Wert auf eine gepflegte Sprache legte. Journalistenfragen beantwortete er noch im hohen Alter mit Wortwitz und Humor. "Meinen ersten Picasso? Ach, den habe ich im vorigen Jahrhundert gekauft", sagte er noch im September 2006. Und dann folgte die kleine Geschichte, wie er kurz nach dem Krieg seinem Freund, dem französischem Dichter Paul Eluard, die Picasso-Zeichnung "Le dormeur" (Der Schläfer) abgekauft.

"Eluard wollte 5000 Franken, aber ich hatte damals kaum Geld", erinnert sich Berggruen. Mit einem Dichter aber wollte er nicht handeln, Ehrensache, doch schließlich bot ihm Eluard einen Klee als Geschenk zum Picasso an. "Da habe ich den Klee für 5000 Franken verkaufen können und damit den Picasso erworben", erzählte Berggruen schmunzelnd. Zu seinen vielen erfolgreichen Kunstgeschäften hat er jedoch auch gesagt: "Mein bester Kunde war ich."

Doppelrolle als Sammler und Händler

"Kunstjäger" hat Berggruen sich selbst genannt. 1980 gab er die Leitung seiner Pariser Galerie ab, um sich ganz systematisch seiner Doppelrolle als Sammler und Händler widmen zu können. Ganz besonders schätzte er die Werke von Seurat, Cézanne, Matisse, Picasso, Klee und Giacometti und konzentrierte sie kenntnisreich zu einer der bedeutenden Sammlungen der Welt.

Seine schönste "Beute" ist heute im Berggruen-Museum in Berlin- Charlottenburg zu sehen, in einem Stüler-Bau direkt gegenüber dem Schloss. 90 Werke Picassos sind hier zu sehen. Sie sind so begehrt, dass sie das Pariser Picasso-Museum im Herbst 2006 in Gänze auslieh und dafür im Gegenzug für ein Vierteljahr 140 Picasso-Zeichnungen herausrückte. Während die Kunstliebhaber in Paris Schlange standen, füllten die selten gezeigten Grafiken die Lücken in Berlin.

"Berlin soll leuchten", hat Berggruen im Alter gesagt. Sein Entschluss, die Kunstwerke an die Staatlichen Museen zu verkaufen, mag mit diesem Wunsch zusammenhängen. Im Jahr 2000 hat er seine auf 750 Millionen Euro geschätzte Sammlung der Hauptstadt übergeben - für einen mehr symbolischen Preis von rund 129 Millionen Euro. Er nannte es eine "Geste der Versöhnung".

"Bilder wollen betrachtet und genossen werden"

Die deutsche Hauptstadt spielt seit Berggruens Engagement wieder mit in der "Weltrangliste" der Moderne. Ein Teil der Lücke, den die Verfemung und Vernichtung so genannter "entarteter Kunst" in der Nazi-Zeit hinterließ, konnte durch den Kenner geschlossen werden. Seine Sammlung mit dem Titel "Picasso und seine Zeit" besitzt heute eine große Anziehungskraft. Neben dem Spanier gehören Meisterwerke von Paul Klee und Henri Matisse zu den Kernstücken. Mehr als 1,5 Millionen Besucher betrachteten die Werke seit 1996. Mitunter übernahm der liebenswürdige alte Herr noch eine Führung.

Die Bilder waren bis zum Schluss Berggruens große Liebe: "Ich sage ihnen jeden Tag Guten Morgen, Guten Abend und schlaft schön", hat er berichtet. Sein Vermächtnis fasste er in zwei Sätzen zusammen: "Die Bilder wollen nicht an ihrer eigenen Schönheit sterben. Sie wollen betrachtet und genossen werden." (tso/dpa)

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