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Kultur: Töne wie Splitter

JAZZ

Als Zoran Terzic das erste Stück ansagt, verrät er „ein Geheimnis“: Die Titel würden einzig der Verständigung darüber dienen, welches Stück gerade gemeint sei. Ansonsten hätten sie keine Bedeutung. Worte scheinen die Besucher nicht zu brauchen, wie ihr Auftritt im b-flat zeigt. Telepathisch beziehen sich die vier Musiker aufeinander, schauen kaum auf, während sie durch die Stücke schießen. Neben dem Pianisten Terzic agieren ein hart arbeitender Johannes Fink am Bass, John Schröder am Schlagzeug und Bassklarinettist Rudi Mahall. Der, linkisch und wie in seine Musik vergraben, überfällt einen sofort mit abstrakten, laut schnarrenden Tonkaskaden, in die er blitzartig Anspielungen auf Standards einstreut. John Schröder, der mit Mahall viele Jahre im Roten Bereich gespielt hat, steht diesem an Einfallsreichtum nicht nach. Überall ist er zur Stelle, füllt Lücken und bearbeitet sein Schlagzeug mit solchem Furor, dass Hihat und Bassdrum immer wieder von ihm wegstreben. Das Klavierspiel Terzics ist zurückhaltender. Nicht die großen Bögen oder fetten Akkorde interessieren den Pianisten. Er bevorzugt impressionistische Splitter, streut Arpeggien oder akzentuiert das Treiben der anderen mit schrägen Einwürfen.

Hard Bop at its best: Die Musik der Besucher erinnert an das zweite Miles-Davis-Quintett, an den feurig-filigranen Tony Williams, den klugen Herbie Hancock und an Wayne Shorter, der in der Form aufzugehen schien wie Neo in der Matrix. Weniger an melodische Linien halten sich die Besucher als vielmehr an den rhythmischen Puls. Sie verschränken sogar Tango und Rock. Da weiß man nicht, wie man tanzen soll. Doch man tanzt.

Tobias Lehmkuhl

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