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Thomas Rachlin spielt Schostakowitschs 1. Violinkonzert.

© Janine Guldener/Konzerthaus

Tomáš Netopil dirigiert im Konzerthaus: Stilles Glück

Das Konzerthausorchester spielt Dvorák, Schumann und Schostakowitsch mit dem Geiger Julian Rachlin und dem tschechischen Dirigenten Tomáš Netopil: ein Abend von stiller Intensität.

Von allen Wünschen, die man an einen Konzertabend haben kann, ist der unaufregendste, dass er nicht auf sich selbst zeige, auf das krasse Programm oder die superglamourösen Solisten, dass er vergessen mache, dass das Leben ein Bierzelt ist und alle müssen immer lauter schreien. Beides, die Triumphgebärde ebenso wie das Lautseinwollen, fehlt an diesem Abend, an dem der tschechische Dirigent Tomáš Netopil, derzeit Chef der Essener Philharmoniker, das Konzerthausorchester dirigiert und Julian Rachlin Violine spielt. Es wird ein auf seine Weise stiller Abend – und ein glücklicher.

Zum einen liegt es am Programm, das sich zunächst ganz aufs lange 19. Jahrhundert konzentriert, mit Dvoráks „Scherzo capriccioso“, dem nach symphonischen Episoden immer wieder einzufallen scheint, dass er doch lustig und schmissig sein wollte. Und an Schumanns „Rheinischer“ Symphonie, die Netopil mit Herbheit versieht, auf dass gerade der erste Satz keine gemütlichen Bäuche bekommt. Den dritten Schumann-Satz lassen die einträchtig singenden Holzbläser so freundlich beginnen, der vierte „feierliche“ Satz gerät überaus konzentriert, aber mit einer bitteren Prise Leid.

Die Sologeige bei Schostakowitsch spielt Julian Rachlin

Andererseits rahmt all das ja nur Schostakowitschs 1. Violinkonzert von 1947/48 ein, dessen Solopartie Julian Rachlin in einer Mischung aus altweltlicher Eleganz und neuzeitlicher Virtuosität interpretiert. Aus dem Timbre seines Instruments sprechen Zärtlichkeit und Bedächtigkeit. Wie er da steht und spielt, vermag er sich fast schon über die Betäubungskraft hinwegzusetzen, die in allen Dimensionen dieses Werks zu liegen scheint – in der Melodiegestaltung des traumverlorenen „Nocturne“ (bei dem Orchester und Solo über- und gegeneinander gelegt werden wie Schablonen, die gar nicht zueinander passen), im Puckern des Scherzo und im Mahlstrom der abschließenden „Burlesque“. Als Zugabe wird Rachlin Ysaÿes dritte Solo-Sonate spielen, das Gegenstück zum hypnotisierenden Untergrund des Violinkonzerts, eine Musik, die in diesen gediegenen Konzertabend zwar keinen Lärm, doch immerhin eine angenehme Sprödigkeit bringt.

Noch einmal Sonntag, 16 Uhr

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