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Kultur: Träume, Elfen und Engel - Anne Provoost haucht einem Klassiker neues Leben ein

"Schönheit ist nicht eine deiner Eigenschaften; vielmehr bist du die Schönheit selbst", sagt Ottokar zur schönen Rosalena. Die fünfzehnjährige Tochter eines Kaufmannes aus der Nähe von Antwerpen verzaubert durch ihre Makellosigkeit ihre Umgebung, die Männer erstarren bei ihrem Anblick und die beiden Schwestern sind neidisch auf ihre Schönheit.

"Schönheit ist nicht eine deiner Eigenschaften; vielmehr bist du die Schönheit selbst", sagt Ottokar zur schönen Rosalena. Die fünfzehnjährige Tochter eines Kaufmannes aus der Nähe von Antwerpen verzaubert durch ihre Makellosigkeit ihre Umgebung, die Männer erstarren bei ihrem Anblick und die beiden Schwestern sind neidisch auf ihre Schönheit. Dabei kam Rosalena als durchsichtiges Kind auf die Welt, eine Ausgeburt der Hässlichkeit, doch mit seltsamen Gaben versehen. Dem "Mädchen-aus-Glas", wie der Vater sie nennt, gibt niemand eine Überlebenschance. Als sie das schönste Mädchen weit und breit wird, verstecken sie ihre Schwestern im Haus. Als die Mutter stirbt und der Vater immer wieder auf Handelsreise geht, entdeckt Rosalena in ihrem magischen Spiegel den Vater, eine Gabe, die die cleveren Schwestern bald kommerziell ausnutzen und damit zu Reichtum kommen.

Während alle Welt sie um ihre Schönheit beneidet, leidet Rosalena darunter, denn sie erkennt, dass sie nicht um ihrer selbst willen geliebt und begehrt wird.

Anne Provoost hat das alte Märchen "Die Schöne und das Biest" in das Flandern des 16. Jahrhunderts verlegt. Sie lässt Rosalena im Rückblick ihr Leben erzählen, ein magisches Leben voller geheimnisvoller Zauberkräfte, Träume, Elfen und Engel. Silke Schmidt hat Anne Provoosts poetische und mächtige Sprache wunderbar ins Deutsche übertragen, der Roman bekommt einen archaisch-romantischen Ton, der seinesgleichen in der Jugendliteratur sucht. Bilder von Breughel kommen einem in den Sinn, voll prallem Leben mit seinen Licht- und Schattenseiten.

Die Schönheit ihrer Schwestern und ihrer Schwager vergeht, die Pocken haben sie gezeichnet. Rosalena spürt ein Verlangen in sich, das nicht gestillt werden kann. Auch die nächtlichen heimlichen Begegnungen mit ihren Schwagern bringen ihr keine Erfüllung. Erst als sie sich für ihren Vater freiwillig in die Hand des missbildeten Herrn Thybeert begibt, findet sie plötzlich Zuneigung, trotz seiner Hässlichkeit: "Unsere Gespräche waren Kristalle, die im finsteren Keller meiner Abgeschiedenheit funkelten."

Anne Provoost ist ein herausragender Roman gelungen, der das Thema Schönheit, Eifersucht und Verlangen auf eine sehr poetische und fesselnde Art auf den Punkt bringt.Anne Provoost: Rosalenas Spiegel. Aus dem Niederländischen von Silke Schmidt. Altberliner, Berlin, München 2000. 192 Seiten. 24 DM. Ab 15 Jahren.

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