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Kultur: Träume in Kobaltblau

Lackschränkchen, Prunkvasen und Brokat für den Hund: Die neue Salzburg World Art Fair wirbt mit Eleganz und großen Namen

Salzburg im Sommer ist Festspielzeit. Oper, Konzerte und Theater haben Hochsaison. Braucht es da noch eine Kunst- und Antiquitätenmesse? Die in diesem Jahr erstmals angetretene „Salzburg World Art Fair“ plädiert dafür. Angesiedelt in der Fürsterzbischöflichen Residenz bietet es den Rahmen, in dem sich das elegant gewandete Theaterpublikum wohlfühlt.

44 europäische Kunsthändler haben sich eher spontan zur Teilnahme entschlossen – erst vor einem halben Jahr waren die Verträge unter Dach und Fach. Der seit 42 Jahren mit Antiquitäten handelnde Albrecht Neuhaus (Würzburg) hat die neue Messe von Anfang an unterstützt und einen herrlichen Kabinettschrank mit chinesischem Lackdekor aus der Mitte des 18. Jahrhunderts aus dem ehemaligen Besitz des Kurfürsten Clemens August mitgebracht. Sein Traum, dieses Möbel im Brühler Schloss zu platzieren, wird wohl auch in Salzburg nicht in Erfüllung gehen. So hat das seltene Stück im Wert von 500 000 Euro an der Salzach wohl seinen letzten Auftritt, bevor es an die englischen Besitzer zurückgeht. Albrecht Neuhaus schwärmt dennoch: „Für diese Messe müssen die besten Händler gewonnen werden. Dafür kämpfe ich.“

Von musealer Qualität ist auch der Stand der Pariser Galerie Steinitz, die zwei Räume mit der Pracht des französischen 18. Jahrhunderts bestückt hat. In pudrigem Kobaltblau leuchtet etwa eine chinesische Prunkvase, die Antoine-Philippe Pajot in Paris mit floralen Bronzearabesken gefasst hat (180 000 Euro).

Neuhaus und Steinitz kennt man von großen Messen wie der Tefaf in Maastricht oder der Biennale in Paris. Aber die Salzburg World Art Fair, die erlesene Antiquitäten, hochkarätigen Schmuck, klassische Moderne und eher schwaches Zeitgenössisches bietet, kann auch mit weniger bekannten Ausstellern aufwarten. Im Fall der Pariser Galerie Historismus ist das nicht verwunderlich. Sie besteht erst seit wenigen Monaten, überzeugt aber in Salzburg mit Design des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. So steht hier die einzige bekannte Stehlampe von Josef Hoffmann, dem Vordenker der Wiener Werkstätte. 450 000 Euro kostet die Skulptur aus gehämmertem, versilbertem Metall mit einem Stoffvolant rund um vier Glühbirnen von 1904. 1986 wurde sie im Wiener Dorotheum für rund 600 Dollar verschleudert.

Revolutionär ist auch das einzige 1925 gebaute Exemplar einer Tischlampe von Gerrit Rietveld mit einer nackten, bemalten Glühbirne (450 000 Euro), entworfen für das berühmte Haus Schröder in Utrecht. Wie die Irin Eileen Gray arbeitete, bevor sie die De-Stijl-Bewegung kennenlernte, kann man an einer Lampe von 1918 sehen: An einem schwenkbaren, mit Klapperschlangenhaut bezogenen Arm hängt ein handbemalter, an den Rahmen genähter Schirm. Die meisten Arbeiten aus dieser frühen Zeit hat die Künstlerin vernichtet, mit 850 000 Euro hat diese Rarität daher ihren Preis.

Doch nicht nur Neugründungen haben in Salzburg ihren ersten Auftritt. Auch Kraemer & Cie, 1870 in Paris gegründet, hat man noch nie auf einer Kunstmesse gesehen. Die auf französische Antiquitäten des 18. Jahrhunderts spezialisierte Kunsthandlung hat sich ein charmantes Randthema für den Erstauftritt erlaubt: Hunde- und Katzenkörbchen aus der Zeit Ludwigs des XV. und XVI. Zwei der brokat- und lederbezogenen Kleinarchitekturen ab 35 000 Euro waren schnell verkauft.

Im Gegenwartsbereich bietet die Münchner Galerie Thomas eine Skulptur aus Autoblech von John Chamberlain (650 000 Euro). Auch Thomas und Natalie Seroussi und die Galerie Pierre-Alain Challier aus Paris retten über manche zeitgenössische Entgleisung hinweg.

Am vorletzten Tag stimmten bei vielen Händlern die Verkäufe. Bei Bernheimer wechselten eine Allegorie von Johann Georg Platzer und ein Gemälde von Angelika Kaufmann den Besitzer, Wienerroither & Kohlbacher verkauften ein Gemälde von Egon Schiele. Fast ein Messe-Renner waren die „Sisi-Sterne“ aus Diamanten beim K&K Hof-und Kammerjuwelier A. E. Köchert, mit der die Kaiserin einst ihr Haar schmückte. Der Start scheint gelungen: Das Publikum kommt nicht in großer Zahl, hat aber Klasse. Und die Weichen sind gestellt: Verträge für fünf Jahre sind gemacht, ein zweites Stockwerk in der Residenz ist im Gespräch.

Bis 4. August. Informationen unter www.salzburg-faf.com

Claudia Herstatt

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