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Kultur: Treibt Berlin den Architekten Zumthor zum Tor hinaus?

Die Zahl wirkt wie ein Schock. Kaum ist sie ausgesprochen, geht ein Raunen durch den Sitzungssaal R376 des Berliner Abgeordnetenhauses: 38 Millionen Mark Nachzahlung fordert die Baufirma, die den Rohbau der "Topographie des Terrors" erstellt.

Die Zahl wirkt wie ein Schock. Kaum ist sie ausgesprochen, geht ein Raunen durch den Sitzungssaal R376 des Berliner Abgeordnetenhauses: 38 Millionen Mark Nachzahlung fordert die Baufirma, die den Rohbau der "Topographie des Terrors" erstellt. Dabei hatte das Unternehmen gegenüber dem Senat behauptet, die Stelen-Konstruktion des Architekten Peter Zumthor für 14,2 Millionen Mark errichten zu können. "Rund drei Millionen Mark zusätzlich sind unserer Ansicht nach berechtigt", erläutert Bausenator Peter Strieder die ungeheure Summe. "Was den Rest betrifft, stellen wir uns auf einen Rechtsstreit ein."

Im dritten Anlauf ist es dem Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses gestern gelungen, den Bausenator dazu zu bewegen, persönlich vor dem Gremium zur "Topographie des Terrors" Stellung zu nehmen. Wenn Strieder auch nicht wie erhofft eine genaue Mehrkostenkalkulation vorlegen kann, hat er doch Gewichtiges zu erklären. Zum Beispiel dieses: "Ich schließe nicht aus, dass wir etwas ganz anderes an dem Ort bauen müssen, um im Kostenrahmen bleiben zu können." Ein Provisorium oder ein Abriss komme für ihn nicht in Frage, wohl aber ein anderes Gebäude - unter Einbeziehung der bereits vorhandenen beiden Treppentürme. Auch wenn er sich im klaren darüber sei, dass ein Votum gegen "einen der Top-Ten-Architekten weltweit" Berlins Image "verheerend" schaden werde, sei das Essenzielle an der "Topographie" nun einmal das Informationszentrum und nicht die Architektur. In Zeiten, in denen Neonazis "immer dreister" in die Öffentlichkeit drängten, müsse das Zentrum möglichst bald seine Aufklärungsarbeit aufnehmen können. Einen Baustopp schließt Strieder aus: "Wenn wir der Baufirma eine Gelegenheit geben, aus dem Vertrag auszusteigen, hätten wir mit Zitronen gehandelt." Denn die habe sich offensichtlich verkalkuliert: Das Management, das den Vertrag mit dem Senat ausgehandelt hat, sei inzwischen ausgetauscht worden.

Harte Worte findet die ehemalige Finanz-Senatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD): "Der Skandal ist, dass man dem Parlament eine falsche Kalkulation zur Abstimmung vorgelegt hat." Die Praxis, Projekte mit irrealen Zahlen "anzuschieben" und dann "augenzwinkernd" Millionen nachzuschieben, müsse endlich aufhören. Alice Ströver (Grüne) ärgert sich besonders über die Haushaltssperre, die die Koalition dem Projekt auferlegt hat: "Damit haben wir ein weiteres Jahr verloren."

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