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Kultur: Triebspieler

Erfinder des „Playboy“: Hugh Hefner zum 80.

Er nannte sich den größten „sexuellen Befreier“ des 20. Jahrhunderts: Hugh Hefners erster „Playboy“ erschien 1953, im gleichen Jahr wie Kinseys „Sexuelles Verhalten der Frau“. Der Mythos vom Häschen als Aufklärer wird gerne erzählt. Mitten in die puritanische Gesellschaft der 50er Jahre schleuderte Hefner großformatige Bilder von Marilyn Monroe. Der Durchbruch gelang in den Goldenen Sechzigern, als Interviews mit Malcolm X und Martin Luther King publiziert wurden, schließlich ein afroamerikanisches Model. Ab 1981 aber riefen Reagans Häscher zur „Hexenjagd“ – eine Pornografie-Kommission verbot das Magazin.

Dabei war Hefner nie Revolutionär, sondern immer schon bourgeoiser Junggeselle: Genießen, Cocktails mixen, ein Hors d’Œuvre oder zwei, und „eine Dame einladen für ein stilles Gespräch über Picasso, Nietzsche, Jazz und Sex“. Feine Konversation betreiben, ohne es zu tun, „oversexed and underfucked“, lautete die Devise. Mit Hefner wurde Pornografie salonfähig, die früher nur in „stroke books“, also regelrechten Sudelbüchern unter der Ladentheke kursierte. Und sie wurde zum Lifestyle, im Stil eines Hochglanzmagazins wie „Esquire“: gerahmt von literarischen Größen, etwa Jack Kerouac oder John Updike, von denen man wenigstens die Namen kennen musste.

Das kulturell verpanzerte Subjekt, das diesen Betrieb beherrschte, war männlich. „Eine Erfindung wie Ford“, meint Hefner, sei der Playboy gewesen. Viele Zeitgenossen fühlten sich an die Stoßdämpfer des Cadillac erinnert, als sie die ersten Brüste sahen: eiserne Bräute vom Fließband. Und die existentielle Frage „To go pink or not to go pink?“, also Schamlippe ja oder nein, die sich 1977 angesichts von Epigonen wie „Penthouse“ stellte, beantwortete Hefner so: Am Motor können sich Handwerker die Finger schmutzig machen, Ritter vom Geiste streicheln nur die Karosserie.

Von Anfang an graute es dem obersten Playboy davor, der Natur ins Gesicht zu sehen, als herrsche dort Chaos, Dunkelheit und Gefahr. „Sex ist die zivilisierende Kraft auf diesem Planeten“, sagte Hefner, und doch vollendete sein Magazin die Geschichte des Fortschritts als fortschreitende Sublimierung. Der Playboy designte seine Frauen als Robotermädchen oder als plüschiges Spielzeug: „Dein stolzester Besitz ist dein Häschenschwanz.“ In Hugh Hefners Lustschloss hüpfen die Playmates zwischen Flipperautomaten, einarmigen Banditen und Konsolen. Spieltrieb, Triebspiel: Hefner, greiser Kindskopf, regiert ein Reich der Simulation.

Das Medium „Playboy“ ermöglicht es den Männern, Frauen zu beobachten und die Frauen zu beobachten, wie Männer sie beobachten. In den 70ern ging der Feminismus auf die Barrikaden. „Wir werden sie zerschmettern“, prophezeite Hefner siegesgewiss. Heute, an seinem 80. Geburtstag, hat Tochter Christie, ein Teufel in Nadelstreifen, den Konzern fest im Griff. Sie plant ein TV-Format für homosexuelle Männer – die bisher nur die „Playmate“ hatten.

Kaspar Renner

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