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Kultur: Tücke des Glücks

Auf seiner neuen CD „Back Home“ besingt Eric Clapton seine Familie

Eric Clapton ist wieder zu Hause. „Back Home“ heißt sein neues Soloalbum, es ist die erste Platte mit Eigenkompositionen seit fast fünf Jahren. Im letzten Jahr hatte er sich noch ausgiebig mit dem Songkatalog seines großen Idols, des Bluesmusikers Robert Johnson, beschäftigt und die vorzüglichen Alben „Me And Mr. Johnson“ und „Sessions for Robert J.“ veröffentlicht. Anschließend arbeitete er an der Reunion seines legendären Trios Cream, das sensationelle Konzert in der Londoner Royal Albert Hall werden im Oktober eine CD und eine DVD dokumentieren. Clapton lebt wieder in London. Und er ist glücklich, sagt er. Endlich, nach etlichen Schicksalsschlägen, nach Eskapaden mit Heroin und Alkohol, ist der 60-Jährige geläutert und angekommen, zu Hause, inmitten seiner neuen Familie. Im CD-Booklet sieht man ihn lachend mit Akustikgitarre auf einem Kinderstühlchen: heitere Wohnzimmer- Idylle mit Frau und drei Kindern.

Von der Familie handelt gleich der erste Song. „So Tired“ erzählt vom frühen Aufstehen, vom Lärm der Kinder, vom Windelnwechseln. Wie sie einen in Anspruch nehmen, wie müde man davon wird. Und wie man sich nach der Stille am Abend sehnt, wenn die Kleinen endlich im Bett sind. Aber es klingt auch munter und entspannt, sonnig und zufrieden. Clapton ist glücklich, man kann es hören. Und schon zanken sich die Fans im Internet: Ob Zufriedenheit im Privatleben der Kunst eher zu- oder abträglich sei. Ob dies nun Claptons bestes Album seit „Journeyman“ (1989) ist, vielleicht gar seit „461 Ocean Boulevard“ (1974)? Oder öde „Fahrstuhlmusik“, überproduziertes, einfallsloses Gedudel?

Die Wahrheit liegt wohl dazwischen. „Back Home“ ist eine Platte ohne Ecken und Kanten, ohne Grobheiten, ohne Schmutz und Schmodder. Nicht Melancholie und Trauer des Blues sind der Stoff dieser CD, sondern hibbelig tänzelnder Mainstream-Pop. Vor vierzig Jahren hatte der damals 20-jährige Wundergitarrist die Yardbirds verlassen, weil er deren Hit „For Your Love“ als zu kommerziell, zu glatt empfand. Clapton war Purist, er wollte nichts anderes spielen als den Blues. Roh und ungehobelt, abseits des Massengeschmacks. Und so wechselte er zu John Mayalls Bluesbreakers. Und fand sich 1966 mit Ginger Baker und Jack Bruce zum Kraftblues-Paket „Cream“ zusammen. Clapton wollte weder der Gott sein, zu dem ihn seine Fans erklärten, noch ein Superstar. Einfach nur ein gut Gitarre spielen, das war seine Ambition, und auf ewig den Blues seiner Vorbilder Robert Johnson, B.B. King und Freddy King. Den puren Stoff.

Ein Superstar ist Clapton dann doch geworden, und als Solokünstler hat er inzwischen unzählige, eher poppige Alben veröffentlicht. Wobei interessanterweise das einzige Album, das in den USA und Großbritannien die höchste Chartposition erreicht hat, wieder eine reine Sammlung nachgespielter Blues-Songs der alten Idole war: „From The Cradle“ (1994). Auf „Back Home“ mischt Clapton Reggae, Soul und Gospeliges, gehüllt in eine perfekt geglättete Produktion von Simon Climie: mit Bläsersätzen und Backgroundchören, makelloser Begleitband und jeder Menge Gastmusikern. Es könnte auch ein Album von Joe Cocker sein, wären da nicht noch Claptons singende und sirrende Gitarren.

Und sein sehr eigener Gesang. Mit der alten Soul-Ballade „Love Don’t Need Nobody“ beweist er, dass er auch ein beseelter Soul-Crooner ist. „Lost And Found“, die einzige pure Rocknummer, weckt mit dampfendem Südstaaten-Feeling, drahtigen Gitarrenriffs und Hammondorgel Erinnerungen an die Allman Brothers. Bis der Song abrupt abreißt, als wolle Clapton den tragischen Tod seines Freundes und „Layla“-Mitstreiters Duane Allman schnell wieder verdrängen, um unmittelbar wieder in beschwingtes Wippen überzugehen. So ist „Back Home“ bei aller technischen Brillanz ein Album zum Nebenbeihören geworden, das nicht weiter stört, nicht hakt, nicht aufwühlt. Eine Platte, zu der man gut die Zeitung durchblättern oder den Abwasch machen kann.

Die Nuancen offenbaren sich erst bei mehrmaligem, genauerem Hinhören : von pfiffig übereinander gestapelten elektrischen und akustischen Gitarren unterschiedlichster Klangfarben, von angezerrt bis kristallklar. Man kann sich erfreuen an einer wunderbar quirligen Dobro in „One Track Mind“, an der schunkeligen „I Shot The Sheriff“-Steelguitar-Reminiszenz von „Revolution“, und an der herzzerreißenden Ode an die Gemahlin in „Run Home To Me“. „Back Home“, so heißt auch der betörend simple und bodenständige Folksong am Schluss der Platte. Clapton ist bei sich selber angekommen. Man sollte es ihm gönnen. Wenn er auch im Konzert immer noch aufregender ist als auf all seinen Alben.

Eric Clapton: „Back Home“ (Reprise/Warner)

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