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TÜRKPOP IN BERLIN ORIENTATION: Hysterischer Hochzeitsfunk

Natürlich klingt es wie ein Märchen aus 1001 Nacht, aber die Geschichte von Orientation, einer deutsch-türkisch-persischen Band, beginnt tatsächlich bei einem Dönermann. „Als ich zum Studium nach Berlin kam, hatte ich kein Geld und aß deshalb immer in einer Dönerbude“, erzählt Andreas Advocado.

Natürlich klingt es wie ein Märchen aus 1001 Nacht, aber die Geschichte von Orientation, einer deutsch-türkisch-persischen Band, beginnt tatsächlich bei einem Dönermann. „Als ich zum Studium nach Berlin kam, hatte ich kein Geld und aß deshalb immer in einer Dönerbude“, erzählt Andreas Advocado. Irgendwann wurde der Mann am Spieß zum Freund und nahm ihn zu einer türkischen Hochzeit mit. „Die Musik hat mich unglaublich ergriffen“, erinnert sich Advocado. Das Erweckungserlebnis hallte lange nach: Am nächsten Tag traf sich der Jazz-Bassist mit der Hochzeitsband, und sie begannen gemeinsam, die schnörkeligen Melodien und verschobenen Rhythmen der türkischen Musik in eine Fusion aus Funk und Soul zu übersetzen.

An diesem Projekt arbeiten Orientation inzwischen seit elf Jahren. Der Band gewordene Vielvölkerstaat veröffentlicht gerade sein drittes Album „Orientation Biz“ und hat sich eine Fangemeinde in der ganzen Welt erspielt. Dazu gehören Regisseur Fatih Akin, der ihre Songs für seine Filme „Gegen die Wand“ und „Crossing the Bridge“ verwendete, sowie der deutschtürkische R & B-Star Muhabbet, den die Band oft auf Konzerten und im Studio begleitet.

Ein Jazzmusiker und eine Hochzeitskapelle, das klingt nach einer kruden Mischung. Doch Hochzeitsbands sind in der Türkei hochangesehen und gelten als Sammelbecken virtuoser Musiker. Bekir Karaoglan etwa, der bei Orientation singt und mit Advocado die Songs schreibt, hat in der türkischen Community Kultstatus. „Berlin ist eine Schatztruhe an türkischen Musikern“, sagt Advocado. Das ist ein Glücksfall für Orientation. Sie finden hier viele Instrumentalisten, die das Kanun, eine türkische Zither, die Baglama, eine Art Laute, oder die Ney, eine arabische Bambusflöte, spielen und die Tücken des ungeraden 9/8-Taktes in stoisch pluckernden Reggae-Rhythmus einpassen können.

So bruchlos Orientation die ganz unterschiedlichen Musiktraditionen von Orient und Okzident verbinden, als politische Stichwortgeber sehen sich die Bandmitglieder nicht. „Das ist nicht unser Lied“, sagt Advocado. Ihm geht es um die Musik, um die Neugier auf verschlungene Melodieläufe und ungewöhnliche Sounds. Trotzdem freut er sich, wenn die Kids aus Neukölln zu Konzerten in Jazzclubs nach Mitte kommen, was für sie in etwa so exotisch ist wie für Advocado damals die türkische Hochzeit mit dem Dönermann.

– Orientation stellen am heutigen Donnerstag um 21 Uhr in der Bar Tausend, Schiffbauerdamm 11, ihr neues Album „Orientation Biz“ vor.

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