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Surrealismus der Dinge. Helen Marten vor ihrem Werk „Brood and Bitter Pass“.

© REUTERS

Turner-Preis für Helen Marten: Poesie des Alltags

Bekannt wurde die britische Bildhauerin Helen Marten mit Installationen aus Alltagsgegenständen. Jetzt erhält sie den Turner-Preis.

Kunstpreise sind wie Sprossen einer Karriereleiter. Wer Glück hat auf dem Weg nach oben, nimmt zwei Stufen auf einmal wie die Britin Helen Marten. Kurz nach dem renommierten Hepworth Prize für Skulptur bekam sie nun den Turner-Preis zugesprochen, die wichtigste Auszeichnung Großbritanniens für junge Kunst. Die 30-jährige Bildhauerin hat einen guten Lauf. 2015 war eine ihrer Installationen aus Alltagsgegenständen, Münzen, Wattestäbchen und Schuhsohlen auf der Biennale in Venedig zu sehen. Die Sammlerin Julia Stoschek holte sie in diesem Sommer in ihre neuen Räume in der Leipziger Straße. Der Berliner Galerist Johann König hat mit seinen Londoner Kollegen ganze Arbeit geleistet, alle wollen Helen Marten, die Kritik ist entzückt über ihre poetischen Kombinationen.

Ihr Preisgeld teilte sie

Dass sie nicht nur mit Objekten sensibel umgehen kann, sondern auch die Aufmerksamkeit als Preisträgerin klug zu nutzen weiß, bewies die Künstlerin auch bei ihrem zweiten Streich. Bei der Verleihung des Hepworth Prize hatte sie bereits für Furore gesorgt, als sie das Preisgeld in Höhe von 30 000 Pfund mit den anderen drei Nominierten als Zeichen für mehr Demokratie teilte. Befragt, ob sie diesen Akt auch bei dem mit 25 000 Euro dotierten Turner-Preis wiederholen wolle, winkte die Künstlerin zunächst ab. Eine solche Ankündigung könne man nur einmal machen. Aber in aller Diskretion, jenseits der großen Aufmerksamkeit, könne sie sich das vorstellen. Im Sinne der Preisverleiher, diesmal der Tate Gallery, mag dies nicht sein, wollen sie doch den Einzelnen ehren und nicht alle. Doch was der Sieger am Ende mit dem Geld macht, bleibt ihm überlassen.

Berlin kopiert London

Um dem vorzugreifen, hat sich der Verein der Freunde der Nationalgalerie für seine Trophäe ein ganz eigenes Prozedere überlegt. 2000 wurde der Preis der Nationalgalerie für junge Kunst in Anlehnung an den Turner Prize begründet, auch hier stellen sich jeweils vier Finalisten der Jury. 2013 allerdings ging man neue Wege. Seitdem werden die 50 000 Euro Preisgeld, die alle zwei Jahre vergeben werden, vom Hamburger Bahnhof als Austragungsort einbehalten, um dem Gewinner im Jahr darauf eine Einzelausstellung auszurichten und damit sein Fortkommen nochmals zu sichern. Neben den Preisen sind schließlich die großen Ausstellungen die entscheidenden Stufen auf der Karriereleiter. Helen Martens Akt des Teilens ist da nur eine Atempause im großen Wettlauf.

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