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Kultur: U 30

Klavier-Marathon bei Young Euro Classic

Mit einem „Klaviertag“ hält Young Euro Classic seit drei Jahren ein Festival im Festival ab. Ein intimes Kontrastprogramm zu den klangmächtigen Jugendorchestern. Und das Publikum strömt nicht weniger ins Konzerthaus als zu den sinfonischen Events, lässt sich von den äußerst unterschiedlichen Persönlichkeiten fünf junger Pianisten faszinieren.

Bis auf eine Ausnahme sind sie fleißige Gewinner zahlreicher Wettbewerbe, doch ausgerechnet dieser „Verweigerer“ sorgt für den spektakulärsten Auftritt. Der 32-jährige Kai Schumacher mischt ungeniert Klassik, Pop und Punk – mit so viel Geschmack und Leidenschaft, dass ein „Lied ohne Worte“ von Mendelssohn mühelos in einen Gershwin-Song übergehen oder „You“ von der britischen Band Radiohead als Fortsetzung des „Lindenbaums“ von Schubert/Liszt erscheinen kann. Meistens schreibt Schumacher selbst die wilden, in ekstatischer Klangfülle dargebotenen Arrangements.

Das Spiel des zwei Jahre jüngeren Alexander Schimpf steht dazu in denkbar größtem Kontrast. Der erst vor einer Woche gekürte Gewinner des Cleveland- Wettbewerbs serviert Klavierkunst vom Feinsten, kann es wagen, Schuberts große B-Dur-Sonate zur sensibel ausgehörten und doch mit virtuosem Spannungsbogen versehenen Herzensangelegenheit zu machen. Auch die Israelin Einav Yarden verblüfft durch ein reifes, interessantes Profil. Die Preisträgerin des internationalen Beethoven-Wettbewerbs Bonn spielt des Meisters Bagatellen mit funkelndem Zugriff, betont Brüche und zukunftsweisende „Ungereimtheiten“. Auch eine unbekannte D-Dur-Sonate von Haydn sprüht nur so vor intelligentem Humor.

In diesem klügsten Programm des Tages schlägt sie damit den Bogen zu György Kurtágs „Játékok“, hintersinnig- spröden Spielen mit musikalischen „Elementarteilchen“ und findet nur bei Schumanns C-Dur-Fantasie nicht zur nötigen gelösten Emotion. Doch bei dieser „U 30“-Truppe ist Entwicklung Trumpf. Maria Masycheva, 29 Jahre jung, bietet energetische russische Schule auch bei Bach und Mozart – ein Kraftpaket mit überraschend sensiblen Momenten. Die gerade einmal 19-jährige Polin Julia Kociubian begibt sich mit den halsbrecherischsten Werken auf die ganz große Virtuosenlaufbahn. Mit Furor stürzt sie sich in Chopins b-Moll-Sonate und mit unerschöpflicher Bewegungsenergie in Liszts h-Moll-Sonate. Doch in der jubelnden Bestätigung ihres überragenden technischen Talents geht unter, dass sie beiden Werken den musikalisch-emotionalen Kern noch schuldig bleibt. Isabel Herzfeld

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