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Kultur: Über alle Grenzen

Young Euro Classic startet heute in Berlin

Sie kommen aus Serbien, Kroatien und Montenegro nach Berlin: junge Musiker, die einer Region Europas entstammen, in der noch ihre Eltern vor wenigen Jahren Krieg gegeneinander geführt haben. Jetzt will der Nachwuchs ein Klangkörper werden und ein Versprechen an die Zukunft. Das Festival Young Euro Classic, das ab diesem Freitag zum elften Mal im Konzerthaus stattfindet, feiert die Grenzen überwindende Macht der Musik. Sein Festivalorchester Südosteuropa probt in Hohenschönhausen unter der Leitung des Cellisten und Dirigenten Heinrich Schiff. Auf den Pulten liegen Auftragswerke der slowenischen Komponistin Nina Senk und ihrer serbischen Kollegin Jelena Dabic. Dazwischen Beethovens siebte Sinfonie und sein fünftes Klavierkonzert. Ein Eröffnungskonzert mit Aussage – und reger Nachfrage. Weil der Festivalauftakt so gut wie ausverkauft ist, findet eine öffentliche Generalprobe des Festivalorchesters statt (Konzerthaus, Freitag, 13 Uhr, 6 Euro).

Bis zum 22. August wird Young Euro Classic das musikalische Leben der Hauptstadt bestimmen und an 17 Abenden zu zivilen Preisen (15 Euro auf allen Plätzen) hoch motivierte Jugendorchester präsentieren. Dabei tauchen auch Regionen auf der musikalischen Landkarte auf, die von den hiesigen ausgewachsenen Profiorchestern nur selten gespielt werden. Aus dem an wirtschaftlichen und politischen Spannungen reichen Süd-Kaukasus kommen junge Ensembles aus Armenien, Georgien und Aserbaidschan ins Konzerthaus, und sie haben nach gutem Young-Euro-Classic-Brauch neben Kernstücken des Repertoires auch immer Werke von heimischen Komponisten im Gepäck.

So ist Young Euro Classic ganz nebenbei auch eines der wichtigsten Festivals für moderne Musik geworden. 17 Uraufführungen und Deutsche Erstaufführungen werden aufgeführt und konkurrieren um den Europäischen Kompositionspreis der Stadt Berlin. Der Sieger wird von einer Publikumsjury gekürt.

Neben frisch gegründeten Nachwuchsensembles werden auch die Stars unter den Jugendorchestern zu Gast sein. Das Schleswig-Holstein Festival Orchester und das European Union Youth Orchestra treten an, und mit dem Festival-Debüt des Baltic Youth Orchestra wird sich die Spitzengruppe wohl weiter vergrößern. Der charismatische Dirigent Kristjan Järvi hat für sein Orchester die besten jungen Musikerinnen und Musiker aus den zehn Ostsee-Anrainerstaaten gesucht.

Ebenfalls neu im Programm ist ein Filmkonzert, das exemplarisch den Geist von Young Euro Classic aufscheinen lässt. Das Bundesjugendorchester spielt zum restaurierten Stummfilm „Nathan der Weise“, den Manfred Noa 1922 drehte, eine neu geschaffene Filmmusik aus der Feder des libanesisch-deutschen Komponisten Rabih Abou-Kahlil.

Bei so vielen Grenzüberschreitungen erhält selbst das Wort seine Chance: Mit der literarischen Ouvertüre Young Euro Connect laden junge Autoren am Donnerstag zu einer Ode an Griechenland unter dem Motto „Danke Griechenland, dass du uns ganz neu über Europa nachdenken lässt“. Die Veranstaltung moderiert Stephan-Andreas Casdorff, Chefredakteur des Tagesspiegels. Ulrich Amling

Bis 22. August, Konzerthaus, 15/22 Euro, Informationen und Tickets unter:

www.young-euro-classic.de

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