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Kultur: Über die volle Distanz

Der „Boxer“ aus Rom im Alten Museum

Er hat einiges abbekommen. Nicht nur in den gut zweitausend Jahren, die er nun schon auf dem Buckel hat. Die 1885 auf dem Quirinal in Rom ausgegrabene hellenistische Bronzeskulptur aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. stellt einen Faustkämpfer, einen Boxer, dar: mit naturalistisch nachempfundenen Platzwunden und Blutspuren an Stirn, Nasenrücken und Wangenknochen. Der überlebensgroße bärtige Held ist angeschlagen, aber nicht geschlagen. Er sitzt da, die Ellbogen mit den bandagierten Unterarmen aufgestützt, den Kopf zur Seite gedreht, den Blick erhoben. Ein klassisches Mannsbild. Und eine der Hauptsehenswürdigkeiten des Museo Nazionale Romano im Palazzo Massimo in Rom.

Nun ist „Der Boxer“ aus Rom für sechs Wochen nach Berlin gereist, in die Rotunde von Schinkels Altem Museum (Museumsinsel, bis 16. März). Um die seit 2002 vertraglich geregelte Zusammenarbeit kultureller und archäologischer Institutionen Deutschlands und Italiens zu besiegeln. Schönes Sinnbild einer Kooperation, die jenseits solcher Meisterwerke die reibungslose Bereitstellung von Dauerleihgaben italienischer Museen für die Antikensammlungen in Berlin, Köln, Dresden oder Mainz ermöglicht – und im Gegenzug zur Rückgabe antiker Stücke aus Raubgrabungen in Italien, die deutsche Museen angekauft hatten, geführt hat. Der Faustkämpfer vom Quirinal, der einst vielleicht Kaiser Konstantins Thermen zierte, sitzt derweil im Alten Museum und schaut Richtung Nofretete. Ein Boxer als Kulturdiplomat – keine schlechte Botschaft. Michael Zajonz

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