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Kultur: Über Nacht erwachsen

Knallhart: „Das Marstraining“ im Grips-Theater

Peanut ist eine Niete in Völkerball. Mit seiner Bifokalbrille sieht er alle Bälle doppelt. Tschako hat keinen Bock auf Völkerball und auch auf sonst nix – dabei ist er ein harter Junge. Knallhart. Der eine teilt aus, der andere duckt sich weg. Die beiden stolpern zufällig übereinander und entdecken viele Gemeinsamkeiten. Sie sind Außenseiter, werden von ihren Eltern vernachlässigt. Sie wünschen sich weit weg, am liebsten in eine andere Galaxie. Die beiden Fantasy-Fans glauben fest daran, dass es auf anderen Planeten intelligente Wesen gibt. Peanut vertraut Tschako ein Geheimnis an: Am 4. August um 4 Uhr 40 morgens wird ein Raumschiff auf dem Berg landen. So hat er es im Radio gehört.

Schnell reift ihr Plan. Sie spekulieren darauf, von Außerirdischen abgeholt zu werden und den trostlosen Verhältnissen zu entkommen. Damit alles klappt, müssen aber noch Vorbereitungen getroffen werden. Tschako verordnet seinem Kumpanen ein „Marstraining“. Er muss sich abhärten, seine Ängste abbauen, um zu überleben, so glaubt Tschako in seiner Rambo-Logik.

Es ist ein verlorenes Paar, das die kanadische Dramatikerin Nathalie Boisvert in „Das Marstraining“ zusammenspannt. Das Grips-Theater zeigt es als deutsche Erstaufführung in der Schiller-TheaterWerkstatt Berlin. Das ursprünglich fürs Erwachsenentheater konzipierte Stück richtet sich nun an ein junges Publikum ab 13 Jahren – und wurde auf hiesige Verhältnisse zugeschnitten. Peanut und Tschako müssen im Schnelldurchgang erwachsen werden, nichts anderes bedeutet das „Marstraining“. Daniel Jeroma, gehemmt und verdruckst, und Jörg Westphal, bullig und blondiert, spielen die physischen Kontraste aus: Klein und groß ist zunächst gleichbedeutend mit schwach und stark, ängstlich und mutig.

Die Mutproben sind anfangs noch harmlos. Tschako dreht seinem neuen Freund den ersten Joint, fügt ihm mit dem Messer einen Schnitt in den Arm zu. Als Peanut dämmert, was für einen gefährlichen Freund er da hat, ist es zu spät. „Das Marstraining“ endet in einem Showdown. Die fantasy-sozialisierten Jungs wollen einmal den Superhelden markieren – mit einer fatalen Rettungsaktion. Rüdiger Wandels Inszenierung ist über weite Strecken spannend und temporeich erzählt. Wo das Theater Elemente des Action-Films zitiert, wirkt es doch ein bisschen behäbig. Sandra Luzina

Wieder am 22., 26., 28. 3., 18 Uhr

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