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Kultur: Über Wald und Wiese

Die bunte Fassade bröckelt, in dem grünlichen Bassin, das früher mal ein Teich war, wuchern undefinierbare Gewächse.Überhaupt hat das Anwesen, das uns der Maler Peter Doig hier vorführt, offenbar schon bessere Zeiten gesehen.

Die bunte Fassade bröckelt, in dem grünlichen Bassin, das früher mal ein Teich war, wuchern undefinierbare Gewächse.Überhaupt hat das Anwesen, das uns der Maler Peter Doig hier vorführt, offenbar schon bessere Zeiten gesehen.Da scheint sogar die Landschaft zu verschwinden: Wie Nebelschwaden liegt ein heller, milchiger Farbton über Wald und Wiese.Es ist eine merkwürdige Stimmung, die von dem Gemälde ausgeht und mit dem Wort Verfall nur unzureichend beschrieben werden kann.Einem Traumbild gleich tauchen die Dinge auf und wieder ab hinter den Schleier der Malerei.

Vor gut drei Jahren hatte Peter Doig seine erste Präsentation bei Contemporary Fine Arts.Nun zeigt die Galerie unter dem Titel "Country Rock" neue Werke des 1959 in Edinburgh geborenen, in Kanada aufgewachsenen und derzeit hauptsächlich in London lebenden Künstlers.Und vergleicht man beide Ausstellungen, so ist - zumindest in formaler Hinsicht - eine Entwicklung unverkennbar.In seinen älteren Bildern kombinierte Doig gegenständliche und abstrakte Elemente: Geometrische Muster wechselten sich ab mit auf den ersten Blick eher traditionellen Landschaftsdarstellungen.Bei den Arbeiten der vergangenen beiden Jahre hat sich Doig auf letzteres beschränkt: Bäume dürfen jetzt ganz und ausschließlich Bäume sein, ein Sternenhimmel ist ein Sternenhimmel, auch wenn er rot glüht und aussieht wie ein kosmischer Blutsturz ("Orange Forest", 1998/1999).

Dabei trägt Doig die Farben nur spärlich, in fast homöopathischen Dosen auf.Und sollte dem Maler einmal zuviel Ölpaste auf den Pinsel geraten sein, dann wird sie wieder abgewaschen.Dadurch wirken die Resultate beinahe wie Aquarelle, was noch den großen, bis zu zwei Meter hohen und drei Meter breiten Leinwänden unabhängig vom jeweiligen Motiv einen Anschein von Zerbrechlichkeit verleiht.Aber diese Fragilität will nicht bedeuten, daß Peter Doig Anklage erhebt.Sein Generalthema ist nicht etwa die bedrohte, schutzbedürftige Natur.Ihm geht es letztendlich um die Malerei als solche, um artifizielle Oberflächen, die sich vor unseren Augen selbst zerstören oder wenigstens in Frage stellen.Dahinter tritt das konkret Dargestellte zurück.So passiert es, daß bei ihm einzelne Motive in unterschiedlichen Zusammenhängen immer wiederkehren.Sie wandern von Bild zu Bild, ohne freilich jemals irgendwo anzukommen.

Ausgangspunkt für Doigs Gemälde sind, wie es beispielsweise auch Gerhard Richter praktiziert, Fotografien.Doch anders als bei Richter ist bei Doig davon am Ende nicht mehr viel zu sehen.Hier wird keine FotoÄsthetik paraphrasiert; die Wischspuren, auf die man während des Betrachtens stößt, sind nicht Ausdruck einer Schärfe/Unschärfe-Relation.Doigs malerische Mittel ähneln einem Sprechen in visuellen Kürzeln, Andeutungen und Querverweisen, die vieles bezeichnen können - aber nichts bezeichnen müssen.

Contemporary Fine Arts, Sophienstraße 21, bis 20.März; Dienstag bis Sonnabend 11-18 Uhr.

ULRICH CLEWING

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