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Kultur: Umzingelt

Die Art Cologne kämpft um ihren guten Ruf

Die Art Cologne wollte eigentlich ein Signal des Aufbruchs aussenden, als sie sich Anfang der Woche von Gérard Goodrow trennte. Doch Köln wäre in diesen Jahren nicht Köln, wenn die Messe zugleich auch den Nachfolger des Direktors präsentiert hätte, der sich seit geraumer Zeit auf dem Abstellgleis befindet. Eine glückliche Hand bei kulturpolitischen Personalentscheidungen ist das Letzte, was sich die Stadt derzeit nachsagen lässt. So bleibt vorerst auch bei der Art Cologne mehr Eindruck von Krisenzeichen denn Befreiungsschlag: Der Chefsessel der Traditionsmesse ist bis auf Weiteres verwaist.

Dabei ist Goodrow durchaus kein Bauernopfer. Unter seiner rund vierjährigen Führung wurde die Art Cologne noch blasser, noch muffiger, noch dünner in der Besetzung, als sie es zuvor schon war. Der ideenarme Direktor war ein Getriebener der Forderungen von außen, zu schwach, um eigene Strategien zu entwickeln, welche die von Konkurrenz umzingelte Art Cologne dringender denn je benötigt. Dass sich am Ende auch noch eine Gegenwartsmesse in Düsseldorf, direkt vor der eigenen Haustür, hat begründen können – die nun den Schulterschluss mit dem Berliner Art Forum sucht –, ist eines der vielen Alarmsignale, die Goodrow generös überhörte.

Unter den Kölner Galeristen brodelt es seit langem, und der Exodus zahlreicher Kollegen nach Berlin ist auch durch eine nach wie vor trostlose Kölner Kulturpolitik begründet, die ihren Ausdruck auf kommerziellem Gebiet besonders sinnfällig im Substanzverlust der Art Cologne findet. Die einheimischen Galerien haben zuletzt, etwa mit einer kuratierten Verkaufsausstellung in ihren Räumen („KölnShow“), selbst die Initiative ergriffen, um den Standort während der Messe attraktiver zu machen. In der Entlassung des Managers bekundet sich die Wirkung eines flammenden offenen Protestbriefs von zehn Kölner Galeristen aus dem vergangenen Herbst, die gegen den ungebremsten Niedergang des 1967 gegründeten ersten Kunstmarkts aufbegehrt hatten. Zu Recht fasste die Kölnmesse den Brandbrief als Ultimatum auf, wie sich nun offenbart – die Unterzeichner, unter ihnen Gisela Capitain, Christian Nagel und Jörg Johnen, haben ihre Teilnahme an der 42. Ausgabe (16.–20. April) zugesagt, weil die Kölnmesse ihr gesamtes Portfolio in Sachen Kunst auf den Prüfstand stellen will. Der fruchtlose Neuling „Art Cologne Palma de Mallorca“, der Energien verpulvert, die am Rhein investiert werden müssten, steht möglicherweise schon wieder vor dem Aus. Vermissen würde ihn niemand. Ein internationaler Beirat soll künftig die Geschicke der Art Cologne steuern. Bei der kommenden Ausgabe wird der arg luftige Parcours um ein Viertel reduziert und die Teilnehmerzahl zwecks Qualitätsverdichtung noch einmal spürbar verringert.

Aufbruch lässt sich am Ende aber am besten mit einer überzeugenden Nachfolgeregelung demonstrieren. Dass ausgerechnet das Wunschpersonal der Kölner Galerien, teils nach Erfolg versprechenden Verhandlungen, teils ohne sie, abgewunken hat, setzt auch die Kritiker der Art Cologne unter Zugzwang. In der Tat wird, wie der Messe-Geschäftsführer Oliver P. Kuhrt betont, eine Persönlichkeit mit „hohem Durchdringungsgrad“ benötigt. Wenn sich aber Köln und die Stadt insgesamt nicht mehr für die Mutter aller Messen zu begeistern wissen, dürfte auch ein hoher Grad an Durchdringung der Führungskraft wenig ausrichten. Die rheinischen Potenziale an Sammlern sind zwar nach wie vor gegeben. Man müsste die Ressourcen aber wieder einmal professionell ausschöpfen.

Georg Imdahl

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