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Die Berliner Choreografin Modjgan Hashemian.

© Kitty Kleist-Heinrich

"Uncertain States": Auflehnung und Ausweg

Die Choreografin Modjgan Hashemian zeigt die Performance „Bodytext“ im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Uncertain States" in der Akademie der Künste am Hanseatenweg.

Von Sandra Luzina

In ihrem Stück „Don’t move“ setzte sich die Berliner Choreografin Modjgan Hashemian 2011 mit dem Tanzverbot im Iran auseinander. Die Tänzer aus der Teheraner Underground-Szene waren damals nur per Videobild zu sehen – und teilweise unkenntlich gemacht. Nun stehen Ashkan Afsharian, Kaveh Ghaemi und Elahe Moonesi live auf der Bühne der Akademie der Künste am Hanseatenweg. Die drei führen schon wieder eine klandestine Aktion aus: Auf drei Plexiglasscheiben auf Rollen sprühen sie das Wort „Exit“, eine Botschaft, die sofort von persischen Schriftzeichen in Pink übermalt wird.

Graffitis im öffentlichen Raum stehen im Iran unter Strafe, dennoch findet man in Teheran viele politische Slogans an den Wänden. Hasehemian hat sich schon öfter in verbotene Zonen gewagt. In der Performance „Bodytext“, die im Begleitprogramm zu der Ausstellung „Uncertain States“ in der Akademie der Künste am Hanseatenweg zu sehen ist, sucht sie nach Spuren des Protests. Die Körper lehnen sich hier gegen die Ordnung der Schrift auf. Einmal werden Kalligrafien auf Ashkan Afsharians Leib projiziert, schwankend steht er in diesem Strom der Zeichen, der kein Ende nehmen will.

Ein bewegender Text von Aya Mansour wird verlesen

Die Suche nach dem freien Ausdruck ist beschwerlich: Die Tänzer tragen Säcke, die mit Steinen gefüllt sind. Am Ende schütten sie die Säcke aus und ritzen in den steinigen Grund ihre Symbole ein. Nicht alle Aktionen erschließen sich – die Zuschauer, die des Persischen nicht mächtig sind, tappen schon mal im Dunkeln. Manches ist auch etwas plakativ geraten. Doch die drei Performer laden den Tanz mit einer großen Intensität auf.

Zuvor wurde die Lecture Performance „In_visible“ gezeigt, ein Dialog von Text und Tanz. Die Schauspielerin Labwa Saleh trug einen Text von Aya Mansour vor, der Geschichten von irakischen Frauen versammelt. Sie erzählt von kleinen Schritten der Befreiung aus der einschnürenden Frauenrolle. Die Erzählerin fährt Fahrrad, was vielen als unanständig gilt. Auf ihrer Tour trifft sie auf mutige Frauen, die gegen alle Widerstände ein selbstbestimmtes Leben führen wollen.

Zum Schluss erzählt sie, wie die islamistischen Terroristen des IS eine Stadt einnehmen und die Frauen zu Sexsklaven machen. Der Erzählerin zerreißt es am Ende das Herz – sie wirft ihr Fahrrad in den Fluss. Doch dann ist das Klingeln von vielen Rädern zu hören. Konfrontiert mit den Schilderungen Mansours wirkt der Tanz harmlos.

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