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Unesco: Weltkulturgewerbe

Die Unesco wählt in Paris einen neuen Generalsekretär – der umstrittene Ägypter Faruk Hosni steht kurz vor dem Ziel.

Das Gerangel um den neuen Generaldirektor der Unesco geht am heutigen Dienstag mit einer Stichwahl in die letzte Runde. So viel Medieninteresse erregt die Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur der Vereinten Nationen sonst nur bei Streitigkeiten um das von ihr verliehene Gütesiegel „Weltkulturerbe“. Die Kandidatur des ägyptischen Kulturministers Faruk Hosni – er war wegen militanter Bemerkungen gegen Israel in die Kritik geraten – hat die in Paris ansässige Unesco ins Rampenlicht gestellt.

Dabei sind Kungeleien, Absprachen und Freundschaftsdienste bei internationalen Organisationen nicht unüblich und haben bisher stets die Wahl eines neuen Generalsekretärs begleitet. Doch angebracht wäre ein Blick hinter die Fassade der Organisation an der Place de Fontenoy. Und eine Debatte darüber, welches Kulturverständnis die Unesco eigentlich hat, welche Aufgaben angesichts des beschränkten Budgets Vorrang haben sollen. Notwendig wäre auch eine Bilanz der bisherigen „Wirtschaftsreformen“ am Ende der zehnjährigen Amtszeit des Japaners Koischiro Matsuura.

Die Unesco verfügt nur über einen regulären Etat von etwa 400 Millionen Euro, hinzu kommen 600 Millionen Euro als außerbudgetäre Mittel. Damit unterstützt die chronisch unterfinanzierte Organisation weltweit das Bildungswesen, die Gesundheitserziehung, kämpft gegen Aids und Versteppung, baut Einrichtungen in Kriegsgebieten wieder auf, schützt Denkmäler und unterhält Schulprogramme. Hier gilt es Prioritäten zu setzen, wie beispielsweise beim Programm „Education for all“. Soll damit vor allem der Analphabetismus in der Dritten Welt bekämpft werden oder - wie auch von Deutschland gewünscht - vielmehr nachhaltige Entwicklung gefördert werden, die soziale, kulturelle, wirtschaftliche und ökologische Dimensionen von Bildung und Entwicklung verbindet? Neue Themen, die es anzupacken gilt, sind das digitale Lernen im Internet und die Urheberrechte.

Allgemein wird dem scheidenden Generalsekretär zugestanden, die Organisation abgespeckt zu haben. So hat er zwanzig Außenposten geschlossen, die Zahl der Mitarbeiter auf unter 2000 reduziert und 80 Programme eingestellt. Zum Opfer fiel 2006 aber auch die Printausgabe des Monatsmagazins „Le courrier de l’Unesco“, was die Organisation noch unsichtbarer werden ließ. Außerdem gibt es die Vorwürfe, dass durch Outsourcing der Nepotismus durch die Hintertür wieder eingezogen ist: Bei der Restrukturierung der Erziehungsabteilung wurde eine branchenfremde US- Firma zur Beratung herangezogen, für 2,15 Millionen Dollar, „ohne Ausschreibung“, wie Finanzkontrolleure kritisierten. Auch die Kosten für die Renovierung des Pariser Sitzes sind wegen vage formulierter Verträge ins Uferlose gestiegen.

Immerhin ist es Matsuura gelungen, den größten Beitragszahler, die USA, wieder ins Boot zu holen. 1984 hatten die USA unter Ronald Reagan die Unesco verlassen, der sie unter dem Senegalesen Mahtar M’ Bow antiamerikanische Politisierung und Verschwendung vorwarfen. 2002, als US-Präsident George Bush eine Allianz für den Krieg gegen Irak zu schmieden versuchte, kehrten die USA zurück, so dass die Organisation heute wieder 193 Mitglieder zählt. Der Japaner brachte gegen großen Widerstand die Konvention über immaterielles Weltkulturerbe auf den Weg. Diese soll Ländern, die über weniger steingewordene Kulturgüter verfügen, ermöglichen, Unterstützung zum Schutz ihrer oft jahrhundertealten Kulturtraditionen in Form von Tänzen, Bräuchen oder Handwerk zu erhalten. Dazu zählen auch Sprache und mündliche Überlieferungen.

Es ist ein positives Zeichen, dass das Interesse vieler Regierungen an der Unesco gewachsen zu sein scheint, wie die ursprünglich neun Bewerbungen für das Amt des Generalsekretärs belegen. Nach dem vierten Wahlgang am Montagabend sind von den zuletzt vier Kandidaten nur noch die Bulgarin Irina Bokova und eben Hosni im Rennen. Der Ägypter hat die größeren Chancen, weil er die arabischen und viele afrikanische Staaten sowie Frankreich hinter sich weiß. Selbst Israel gab nach einem Deal mit Ägypten seinen Protest auf, obwohl Hosni mit seiner Bemerkung über die Verbrennung hebräischer Bücher, die er inzwischen bereut, Empörung ausgelöst hatte.

Wenn sich die Wogen geglättet haben, wäre Hosni womöglich nicht der schlechteste Kandidat. Denn es gilt als eine der zentralen Aufgaben des neuen Generalsekretärs, der Unesco ein Profil zu geben. Wer den Maler und eitlen Schöngeist einmal in der Kairoer Oper erlebt hat, wie er neben der ihm freundschaftlich verbundenen Präsidentengattin Suzanne in der Präsidentenloge die Huldigung des Publikums entgegennimmt, kann keinen Zweifel daran haben, dass er das Licht der Öffentlichkeit suchen wird.

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