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Kultur: Unser Agent in Peking

Der Entdecker: Seit zehn Jahren zeigt die Alexander Ochs Gallery in Berlin asiatische Kunst

In den vergangenen Wochen war Alexander Ochs in Peking, Frankfurt, Köln, Bad Doberan und dazwischen immer wieder in Berlin. Ein Leben in verschiedenen Zeitzonen, mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Kulturen, in denen der Galerist diverse Projekte verfolgt. Es ist nicht so, dass der Mann mit den süddeutschen Wurzeln auf das hyperschnelle Leben im Transitraum erpicht wäre. Aber es geht nicht anders.

Vor gut zehn Jahren, lange bevor man auf dem Kunstmarkt von einem China-Boom sprach, brachte ihn sein Interesse für Künstler aus dem asiatischen Raum in Bewegung. Damals gab es keine Vermittlungsstrukturen, keine Distribution, keinen Anschluss in Richtung Westen. So wurde aus dem Reisenden Ochs ein Galerist, der gleichzeitig als Vermittler, Kurator, Händler und Herberge für chinesische Künstlertalente firmierte. Den Anfang machte Xu Bing. Er zeigte 1997 bei Ochs die erste deutsche Einzelausstellung. Der Performancekünstler hatte in Peking bereits für Furore gesorgt, nur wusste das in Berlin noch niemand. Ochs sprach es herum und sorgte mit der legendären Einzelausstellung „Lost Letters“ für Bings Start einer internationalen Karriere.

Inzwischen hat dieser Transfer das Attribut „exotisch“ verloren. Asiatische Kunst ist im globalen Kunstmarkt angekommen, wird ernst genommen, die Preise klettern. Ochs jedoch reist immer noch, besucht die Künstler in den Ateliers und hat nebenbei die Stiftung EurAsien Culture Exchange gegründet, die im Juni eine erste Ausstellung in Bad Doberan eröffnen wird – mit Werken unter anderem von Wolfgang Laib, Ik-Joon Kang, Fang Lujun und Micha Ullmann.

Erschöpfung scheint Ochs dennoch fremd. Energie und Präsenz bestimmen stattdessen sein geschäftiges Treiben in den Berliner Galerieräumen. „Welchen Tag haben wir?“, fragt Ochs im Vorbeigehen. Doch das ist ein Spiel, eine rhetorische Flunkerei. Denn „Heute“ ist immer der wichtigste Tag in seinem Kalender. Und natürlich weiß er genau, was er gerade macht. Das Gegenwärtige ist ihm das Wichtigste. Nur darum geht es.

In Frankfurt und Köln hat Alexander Ochs gerade zwei deutsche Kunstmessen absolviert, die unterschiedlicher kaum sein konnten – die „fine art fair frankfurt“ als große Skulpturenausstellung, die „Art Cologne“ als klassische Messe. Das Fazit des Galeristen lässt einen Moment auf sich warten: „Es ging uns gut in den letzten sieben Jahren, die wir in Köln dabei sind. Auch diesmal. Aber dort repräsentiert man noch immer den alten westeuropäischen Kunstmarkt. Das hängt sicher von der Perspektive ab und ob man gerade aus Bad Doberan oder aus einer Stadt wie Peking kommt.“

Und wie läuft es in Peking? Dorthin eilte Ochs jüngst, um eine neue Mitarbeiterin zu begrüßen, die nun am zweiten Standort der Galerie als „Sales Director“ fungiert. Die Chinesin Vivi Yip Redana kennt die zeitgenössische asiatische Szene, handelte vorher bei Sotheby’s Südostasien und hat sich von Ochs für seinen White Space Beijing gewinnen lassen. „Sukzessive wird die Galerie ganz in chinesischen Besitz übergehen. Ich wünsche mir das selbst – sicher nicht völlig selbstlos“, meint der Galerist. Beijing soll ein eigenständiges Programm entwickeln. „Wir dürfen nicht vergessen, dass wir als Gäste in das Land gekommen sind“, sinniert Ochs. Und dann sagt er, im Tonfall des oft Wiederholten, es gehe ihm mittlerweile, wie Cees Nooteboom es in seinem Buch „Mokusei“ beschreibt: Je mehr man sich China nähere, desto weniger ließe es sich verstehen.

Erklären, zerreden will er das nicht. Ochs handelt lieber. Und dann spricht er doch über die Geschichte der Galerie, die sich immer mehr an östlichen Prinzipien orientiert. Künstlerische Positionen sollen Zeit bekommen, sich zu entwickeln, der schnelle Erfolg ist in den Hintergrund getreten.

„Natürlich wollte ich, als ich die Galerie gegründet habe, auch Geld damit verdienen.“ Dieses Ziel hat Ochs erreicht, die Mühen der Anfangsjahre wird er dennoch nicht vergessen. Es hat gedauert, bis seine Künstler wie Yang Shaobin oder Fang Lujun (China) und Chiharu Shiota (Japan) oder Ik-Joon Kang (Korea) im Hochpreissegment angekommen waren.

So geschmiert, wie es jene große Eisenbahn von Cui Guotai (30 000 Euro) am Eingang der aktuellen Ausstellung suggeriert, lief es damals sicher nicht. Dennoch wählte Reinhard Spieler, der die Schau zum zehnjährigen Bestehen der Galerie kuratierte, das Bild als Auftakt der großen Bestandsaufnahme. Pünktlich zum Geburtstag hat sich die Galerie darüber hinaus um einen zusätzlichen Showroom erweitert. Ganz der additiven Arbeitsweise folgend, mit der Ochs seit zehn Jahren seine wechselnden Räume bespielt. Im Hauptraum hängt eine Leinwand von Qui Shihua neben Sven Drühls „Undead“, werden Akt-Studien von Marlene Dumas mit Yang Shaobins Porträts konfrontiert. Erlesene Leihgaben aus namhaften Privat- und Museumssammlungen treffen auf aktuelle Arbeiten aus der Galerie.

Der Galerist konzentriert sich währenddessen auf sein nächstes Projekt. „Balance“ heißt die Ausstellung in Bad Doberan, die in Ochs mit seiner jungen Stiftung EurAsien Culture Exchange vorbereitet hat. Im Münster der Stadt wird sie in unmittelbarer zeitlicher und räumlicher Nähe zum G-8-Gipfel eröffnet. „Ich glaube einfach, dass die immaterielle Energie der Kunst etwas gegen die materielle Kraft der Politik tun kann.“

Zehn Jahre sind um, jeder Tag davon war wichtig. Bis jetzt.

Alexander Ochs Gallery Berlin, Sophienstraße 21, bis 26. Mai, Dienstag bis Freitag 10-18 Uhr, Sonnabend 11-18 Uhr

Thea Herold

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