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Kultur: Unter Pinien - Mit Respighi und Ravel

Stellen wir uns als naive Konzertgänger das ideale Musikmachen nicht genau so vor: Als ein wechselseitiges aufeinander Eingehen, als einen immerwährenden Prozess von Geben und Nehmen, aus dem die Werke dann wie von selbst hervorzugehen scheinen? Georges Prêtre, neben Pierre Boulez wohl Frankreichs größter lebender Dirigent, schafft es beim Deutschen Symphonie-Orchester schon gleich in den Anfangstakten von Ottorino Respighis "Fontane di Roma" diese Idealatmosphäre ungezwungener Selbstverständlichkeit herzustellen.

Stellen wir uns als naive Konzertgänger das ideale Musikmachen nicht genau so vor: Als ein wechselseitiges aufeinander Eingehen, als einen immerwährenden Prozess von Geben und Nehmen, aus dem die Werke dann wie von selbst hervorzugehen scheinen? Georges Prêtre, neben Pierre Boulez wohl Frankreichs größter lebender Dirigent, schafft es beim Deutschen Symphonie-Orchester schon gleich in den Anfangstakten von Ottorino Respighis "Fontane di Roma" diese Idealatmosphäre ungezwungener Selbstverständlichkeit herzustellen. Fließend wechselt er in seinen Bewegungen vom Taktschlagen zu freieren, rein auf die expressive Belebung der Musik abzielenden Gesten, vom Vorschreiben zum Animieren, vermittelt den Musikern Sicherheit und lockt dadurch erst die Klangvaleurs hervor, die Respighis sinfonischen Dichtungen - und im zweiten Teil auch den Werken Poulencs und Ravels - ihren Reiz verleihen.

Vor allem die "Pini di Roma" sind in Konzerten oft ein Problemstück und geraten zu billigem Filmmusik-Kitsch, wenn ein Dirigent ihre erzählerischen Elemente unnötig zu forcieren versucht. Doch nichts davon diesmal in der Philharmonie - kein verschlepptes Tempo in der Märtyrerprozession des zweiten Satzes, keine übermässige Verspieltheit im Kinderringelrein um die Pinien der Villa Borghese. Statt dessen sorgt Prêtre für viel natürlichen Fluss, in den sich die zahlreichen, kolorierenden Nebenstimmen integrieren, ohne in einem allzu kompakten Mischklang unterzugehen. Auf diese Weise werden Respighis Klangbilder zu absoluter Musik - und klingen mit einem Mal überraschend modern. Selbst der abschließende "Marsch auf Rom" erinnert nicht mehr an den brachialen Gleichschritt von Soldatenmassen, sondern knüpft als rhythmische Erruption an die "Danse de la terre" aus Strawinskys "Sacre" oder den Schluss der zweiten Konzerthälfte, die danse générale aus Ravels zweiter "Daphnis und Chloe"-Suite an.

Und das DSO, das in der letzten Zeit so oft enttäuschte, hat endlich wieder gezeigt, dass es sehr wohl Berlins zweitbestes Orchester sein kann. Es muss nur wollen.

Jörg Königsdorf

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