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Kultur: Unverzichtbar im publizistischen Betrieb der Republik: zum 80. Geburtstag des Feuilletonisten

Auch dem Feuilletonisten flicht die Nachwelt keine Kränze, und da Horst Krüger seit Jahren nichts mehr veröffentlicht hat, ist er dem öffentlichen Bewusstsein wohl schon so gut wie entglitten. Aber es bleibt merkwürdig, dass einem erst jetzt, bei seinem achtzigsten Geburtstag an diesem Freitag auffällt, wie lange man schon ohne seine Feuilletons, seine Reiseberichte, seine kleinen literarischen Etüden gelebt hat.

Auch dem Feuilletonisten flicht die Nachwelt keine Kränze, und da Horst Krüger seit Jahren nichts mehr veröffentlicht hat, ist er dem öffentlichen Bewusstsein wohl schon so gut wie entglitten. Aber es bleibt merkwürdig, dass einem erst jetzt, bei seinem achtzigsten Geburtstag an diesem Freitag auffällt, wie lange man schon ohne seine Feuilletons, seine Reiseberichte, seine kleinen literarischen Etüden gelebt hat. Denn das war früher anders. Da schrieb er überall, in den besten Blättern - auch der Tagesspiegel hat viele Arbeiten von ihm als Serien abgedruckt. Da war er eine unverzichtbare Farbe im publizistischen Betrieb der Republik.

Das hatte, natürlich, mit seinem Stil zu tun: einer zur Kunstform gebildeten Gebrauchsprosa, die ihr hohes Raffinement hinter der Alltagssprache und der irgendwie zwinkernden Verbrüderung mit dem Leser verbarg. Krüger hat kaum je größere Bücher geschrieben. War er der letzte Feuilletonist klassischer Prägung? Zurückgewiesen hätte er solche Epauletten nicht. Er schrieb ja auch über vieles: über deutsche Autobahnen und das Oktoberlicht, Günter Grass als Wappentier der Republik und ein Bootshaus namens Fritz. Es war die Bundesrepublik vom Wirtschaftswunder bis zu ihren achtziger Jahren, auf deren Fährte er sich unermüdlich befand.

Es ist wahr, dass die Attitüde von Krügers Zeitkritik oft ungerecht war, manchmal auch kokett, bis zum Kitschigen. Aber irgendwie kam er dieser Zeit, dieser Basis-Epoche für die Bundesrepublik, nahe wie wenige. Seine Feuilletons und Beobachtungen hatten wirklich ihren Fluchtpunkt im Bewusstsein der Bundesrepublik. Die Szenen, Landschaften und Städte, die er beschrieb, sind Kristallisationen eines Deutschlands, das es damals gegeben hat - Baden-Baden, den "grünen Salon", Frankfurt, später auch die DDR, den Osten, an dem er sich, ein redlicher Heimweh-Tourist, rieb und abarbeitete. Nicht zuletzt, sondern fast zuerst Berlin, seine Heimatstadt, deren Nüchternheit, Gebrochenheit und unglaubliche Existenz er immer wieder sehnsüchtig festzuhalten versuchte.

Später wurde er konservativer, auch melancholischer: ein deutscher Autor, den sein Deutsch-Sein, sein Zeitgenosse-Sein nicht losließ. Es mag sein, dass das meiste von dem, was Krüger schrieb, ziemlich verderbliche Ware ist. Aber es ist vielleicht in seinen Texten mehr von den Wendungen und Windungen aufgehoben, die die Deutschen in diesen Jahrzehnten durchliefen, als irgendwo sonst.

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