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Kultur: Verhaftung Milosevics: Amerika gibt sich zögerlich - Die USA fordern Kooperation, lehnen für sich aber UN-Gerichte ab

Noch hält sich die amerikanische Regierung mit Stellungnahmen zurück. Man beobachte die Ereignisse in Belgrad sehr aufmerksam, heißt es, werde sich aber frühestens an diesem Montag dazu äußern.

Noch hält sich die amerikanische Regierung mit Stellungnahmen zurück. Man beobachte die Ereignisse in Belgrad sehr aufmerksam, heißt es, werde sich aber frühestens an diesem Montag dazu äußern. Präsident George W. Bush verbrachte das Wochenende in Camp David. Dort informierte ihn seine Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice über die Entwicklungen. "Erst wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen, werden wir unsere Entscheidung bekannt geben", sagte ein Mitarbeiter des State Department am Sonnabend.

Denn Amerika muss sich entscheiden. Außenminister Colin Powell wird bekannt geben müssen, ob die neue jugoslawische Regierung die Bedingungen eines recht vage formulierten Gesetzes erfüllt hat, das der amerikanische Kongress vor wenigen Monaten verabschiedet hatte. Danach dürfen die USA nach dem 31. März nur noch dann nicht-humanitäre Finanzmittel an Belgrad auszahlen, wenn Jugoslawien mit dem UN-Menschenrechtsgerichtshof in Den Haag "kooperiert", die Rechte der Minderheiten stärker berücksichtigt und aufhört, die bosnische Serbenrepublik zu unterstützen.

Ablehnende Haltung der USA

Weder wird in dem Gesetz explizit die Festnahme von Slobodan Milosevic verlangt, noch dessen Überführung nach Den Haag. Insofern gibt es Spielraum. Allerdings wird allgemein die "Festnahme und Übergabe" von verdächtigen Kriegsverbrechern gefordert. Von insgesamt 100 Millionen Dollar bewilligter US-Hilfe an Jugoslawien sind 50 Millionen Dollar bislang zurückbehalten worden. Außerdem hatte Washington für den Fall, dass Belgrad keine demokratischen Fortschritte macht, angekündigt, auch Jugoslawien-Kredite internationaler Einrichtungen wie der Weltbank und des Währungsfonds nicht länger zu unterstützen.

Ganz konsistent wäre es nicht, wenn die Vereinigten Staaten darauf bestünden, dass Milosevic an Den Haag ausgeliefert wird. Denn die US-Haltung zu jeder Art von internationaler Gerichtsbarkeit ist ambivalent bis ablehnend. Als 1998 in Rom die Einrichtung eines Internationalen Strafgerichtshofes beschlossen wurde, waren die USA in einer Gruppe von sieben Ländern - darunter China und Libyen -, die dagegen gestimmt hatten. 139 Länder haben das Statut inzwischen unterzeichnet, 29 Länder haben es ratifiziert - darunter Deutschland, Italien, Frankreich und Kanada. Von 60 Ländern muss es ratifiziert worden sein, bevor ein ständiger Gerichtshof eingerichtet werden kann.

Kritik von Menschenrechtlern

In einer seiner letzten Amtshandlungen hat zwar Bushs Vorgänger, Bill Clinton, Ende vergangenen Jahres das Dokument ebenfalls unterzeichnet, aber es ist höchst unwahrscheinlich, dass es ratifiziert wird. Denn die Bush-Administration wird alles ablehnen, was es ermöglicht, dass amerikanische Soldaten sich vor einem fremden Gericht verantworten müssen.

Bis vor kurzem war von Powell erwartet worden, dass er die neue jugoslawische Führung unter Vojislav Kostunica nicht durch Härte düpieren, sondern im Gegenteil ermutigen werde, den Demokratisierungsprozess weiterzuführen. Dazu gehöre auch, dass er grünes Licht für die zurückgehaltene Finanzhilfe geben werde. Doch am Sonnabend ist Powell unter Druck geraten. US-Menschenrechtsorganisationen sowie Kongress-Abgeordnete beider Parteien bezeichneten das bisherige Entgegenkommen Belgrads als unzureichend.

"Es ist nicht genug, wenn Milosevic festgenommen und in Jugoslawien vor ein Gericht gestellt wird", sagte der demokratische Senator Patrick Leahy, der das Gesetz mitformuliert hatte. "Er muss ausgeliefert werden und sich als Kriegsverbrecher vor einem internationalen Gerichtshof verantworten."

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