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Kultur: Verteile doch

Voll im Trend: Der Bund investiert in die Kultur

Da scheint eine Rechnung aufgegangen zu sein. Zur Halbzeit legt Staatsminister Bernd Neumann eine durchweg positive Bilanz vor, und keiner mag ihm ernsthaft widersprechen. Denn der CDU-Politiker aus Bremen hat der Kulturnation Deutschland das gegeben, wovon sie nie genug haben kann: Geld. Da verstummen auch, wenn Mittel vom Bund fließen, alle möglichen föderalen Bedenken.

Die beiden größten Posten sind dabei der Filmförderfonds mit 60 Millionen Euro und jene 400 Millionen Euro, die, so Neumann, „im wesentlichen für die Sanierung des kulturellen Erbes vorgesehen sind, also für denkmalpflegerische Maßnahmen“. Das klingt nach einem gewaltigen finanziellen Segen, relativiert sich aber sogleich wieder, wenn man daran denkt, dass allein die Sanierung der Berliner Staatsoper mit (wenigstens) 200 Millionen Euro auf Bundesseite zu Buche schlägt. Wenn Bund und Hauptstadt sich denn endlich über Zahlungs- und Verrechnungsmodalitäten einigen.

Zu Anfang ein Lacher, nun der große Macher. Und Bernd Neumann könnte von allen gewesenen, intellektuell sich von ihm abhebenden Kulturstaatsministern der Erste sein, der eine volle Legislaturperiode durchhält: So klingt das Epitheton „parteisoldatisch“, das ihm anhängt, auch etwas freundlicher, nach dem Motto: „Verteile doch, du bist so schön“.

Neumanns Etatzuwachs folgt, und das ist das eigentlich Bemerkenswerte, einem landesweiten Trend. Dank des wirtschaftlichen Aufschwungs und erhöhter Steuereinnahmen, dank der gewachsenen Bedeutung des Wirtschaftsfaktors Kultur geben auch Kommunen und Länder in diesem Bereich mehr aus. Wann hatten wir die letzte Spardebatte? Investitionen allerorten. Hamburg baut die Elbphilharmonie, in Chemnitz und Leipzig werden Museum (wieder-)eröffnet, in Dortmund, Duisburg und Essen sind neue Konzertsäle eröffnet worden, Münster und Bochum wollen nachziehen, das Land Berlin stockt seine Kulturausgaben auf.

Dass da und dort private Investoren beteiligt sind, macht das Gesamtbild noch freundlicher. Es wird deutlich, dass es um eine größere Rechnung geht als Neumanns muntere Geldbeschaffung: Kultur boomt. Inhaltlich ist damit nichts gesagt. Mit der wachsenden Investitionsbereitschaft vergrößert sich auch das Defizit der Ideen. Kein Politiker hat es bisher etwa vermocht, der schlaffen Berliner Schlosshülle, dem Humboldt-Homunculus Seele einzuhauchen. Nicht alles hängt am Geld. Rüdiger Schaper

Rüdiger Schaper

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