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Kultur: Verzockt

Die erste deutsche Kunstanleihe ist gescheitert

Wer die Leiter der drei Vonderbank-Galerien sprechen will, braucht derzeit gute Nerven. In Frankfurt geht niemand mehr ans Telefon: Die Filiale, erfährt man im Internet, sei „vorübergehend geschlossen“. Am noblen Ballindamm in Hamburg zeigt man derzeit zwar Bilder von Helge Leiberg, Jan Smejkal und Burkhald Held. Doch Vernissagen, erklärt die Leiterin Cornelia Richards, fänden nicht mehr statt. Überhaupt habe sie „keine Befugnis“, über weitere Pläne der Galerie zu sprechen.

Nicht weniger rätselhaft geht es in der Berliner Dependance zu. Seit Januar läuft in der Galerie, die Unter den Linden residiert, eine Schau mit Nachwuchskünstlern, die gerade bis Ende April verlängert worden ist. Wie und ob das Programm danach weitergeht, darüber will auch hier Filialchefin Mirela Pappermann keine Auskunft geben.

Doch die Zeichen sind auch ohne Kommentar zu deuten. Ausstellungen mit viermonatiger Laufzeit und ein unklares künftiges Programm lassen nichts Gutes für die Zukunft der drei Galerien ahnen. Vonderbank-Geschäftsführer Tarik Ersin Yoleri hat derzeit allerdings noch andere, weit größere Sorgen: Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt gegen den Hobby-Karateka und Vertriebsprofi wegen schweren Kapitalanlagebetrugs. Im Zentrum der „laufenden Untersuchung“, so Oberstaatsanwalt Rudolf Bagger, steht der Vorwurf der Zweckentfremdung von Anlegergeldern aus Wind- und Solarenergie-Anleihen.

Für circa 30 Millionen Euro soll Yoleri, bis Ende 2007 Vorstand des börsennotierten Emmissionshauses EECH Group AG, seit Jahren in großem Stil zeitgenössische Kunst eingekauft haben. Yoleri, erinnert sich ein Insider, galt auch unter Berliner Galeristen als „kapitaler Glücksfall“, da viele von ihnen auf gute Verkäufe hofften. Die Bestandsliste der Kunstanleihe, die 2007 in Deutschland ein Novum war, bestätigt diesen Eindruck: Neben amerikanischer Pop-Art finden sich allein 18 Bilder von Georg Baselitz, 35 von Helge Leiberg und 84 von Markus Lüpertz. Der Kunstkritiker und Feuilleton-Redakteur der „Süddeutschen Zeitung“, Holger Liebs, erklärte die Arbeiten allerdings schon vor geraumer Zeit in einer Marktanalyse zu „überteuert angekauften Kunstwerken zweitklassiger Qualität“.

Yoleri, der für Fragen der Presse derzeit nicht zur Verfügung steht, gab diese Gemälde als Basis für ein imposantes Renditeziel aus: Die von der EECH Group aufgelegte „Art Invest 2006“ versprach den Anlegern als erste deutsche Kunstanleihe 7 bis 8,5 Prozent Zinsen, die der Manager aus der erhofften Wertsteigerung des Kunstkonvoluts erzielen wollte. Der Handel sollte maßgeblich über die Vonderbank Galerien abgewickelt werden.

Diese Versprechen sind offenbar haltlos. Nachdem die EECH Group im Januar und Februar 2008 gleich zweimal ankündigte, die fälligen Zinsen der Kunstanleihe nicht fristgerecht zahlen zu können, sieht sich Yoleri von einer Klagewelle geradezu überrollt. Die Kläger fordern nicht nur die Zinsen, sondern machen auch von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch. „Die Anleger wollen einfach nur noch raus“, bestätigt Rechtsanwalt Matthias Gröpper. Allein seine in Hamburg ansässige Kanzlei B/G/K/S hat letzte Woche 17 Klagen eingereicht.

Einer der vertretenen Kläger ist der Stuttgarter Hans Büning, der 5000 Euro zeichnete und nun um seine Einlage kämpft. Viel Hoffnung hat er nicht: „Da brennt nicht nur das Dach lichterloh“, meint Büning, „da brennt bereits das ganze Haus.“

Paul Kaiser

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