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Kultur: Viel Schaum

Machtkampf bei Suhrkamp: Claus Grossner ist draußen

Der Kampf um die Macht beim Suhrkamp Verlag ist um eine Bizarrerie reicher: Claus Grossner wird nun doch nicht Mitgesellschafter. Grossner ist einer der beiden Hamburger Geschäftsleute, die die 29 Prozent Suhrkamp-Anteile des Schweizer Unternehmers Andreas Reinhart Anfnag des Jahres erworben hatten. Doch Grossner ist mit den Zahlungen in Verzug. Reinhart hat den Vertrag mit Grossner aufgekündigt. Grossner sei sich mit Reinhart nicht über die Zahlungsmodalitäten einig geworden, weiß dpa, von „krankheitsbedingter Müdigkeit am Deal des Aktienkaufs“ berichtet die „Welt“.

Dagegen hält man sich im Hamburger Großforschungs- und Informationsbüro Grossner, was ungewohnt ist, bedeckt. Grossner, ein leidenschaftlicher Fax- und vor allem SMS-Verschicker und im Allgemeinen immer zu erreichen, hat sein Handy ausgeschaltet. Und in seinem Büro verweist der stets gut gelaunte Mitarbeiter auf eine Erklärung, die Grossner in den nächsten Tagen abgeben und mit der er alle Spekulationen (zum Beispiel Zahlungsunfähigkeit, Schaumschlägerei) aus der Welt räumen wird.

An der Situation beim Suhrkamp Verlag, der komplexen Verlagskonstruktion, ändert das Ausscheiden Grossners nichts: Reinhart überträgt nun seine gesamten Anteile an den Medieninvestor Hans Barlach, dem zweiten Hamburger Minderheitengesellschafter im Bund gegen Suhrkamp. Und das Schiedsgerichtsverfahren zwischen der Medienholding AG Winterthur, also Reinhart und Barlach, und der Suhrkamp-Familienstifung ist ebenfalls auf dem Weg.

Mit Claus Grossner verschwindet jedoch der lauteste und zwiespältigste Trommler aus dem Kampf um die Macht bei Suhrkamp. Ob er nun Vorwürfe gegen Ulla Unseld-Berkéwicz richtete oder fürsorgliche Ratschläge für die Zukunft des Verlages erteilte, ob er Strategiepapiere entwarf oder Treffen mit Vertretern der Suhrkampkultur anberaumte, zu denen dann nie jemand kam: Grossner hielt das Soap-Niveau hoch und wusste immer, sich und seine Initiative „WWW-WissenWeltethosWeltzukunft“ mit ins (Suhrkamp-) Gespräch zu bringen. Vor Grossner und vermutlich nicht zuletzt wegen ihm war im März schon Arnulf Conradi als verlegerischer Berater der Hamburger Minderheitengesellschafter ausgestiegen. So sind aus dem einstigen, seinerzeit gern auf Fotos posierenden Anti-Berkéwicz-Quartett nur noch zwei übrig: Hans Barlach und Joachim Unseld, der im Besitz von zwanzig Prozent der Suhrkamp-Gruppe ist.

Bei Suhrkamp sieht man nun umso zuversichtlicher dem Schiedsgerichtsverfahren entgegen, mit dem die Familienstiftung versucht, die Medienholding AG Winterthur als Mitgesellschafter auszuschließen. Ansonsten macht man weiter Bücher: etwa einen neuen Roman von Robert Menasse, der im Juli erscheint, einen neuen von Isabel Allende oder auch einen 800-Seiten-Brocken des großartigen niederländischen Autors A.F.Th. van der Heijden, „Die Movo Tapes“. Doch selbst wenn Grossner jetzt draußen ist aus der Suhrkamp-Sache: Eine Gewähr dafür, dass es endgültig ein Ende hat mit den Suhrkamp-Bizarrerien, ist das nicht.

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