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Abgefahren. Die Skulptur „Maserati“ von Jorg Sieweke.

© Sebastian Bolesch/Villa Massimo

Villa Massimo in Berlin: Oasen und Müllkippen

Zehn Jahre Villa Massimo in Berlin: Die Jubiläumsfeier im Martin-Gropius-Bau mit Joachim Blüher, Monika Grütters und Rachel Salamander.

Da stehen zwei, die sich lange kennen. Dass sie ähnlich denken und wohl deshalb in der Villa Massimo ein gemeinsames Werk geschaffen haben, für diese Einsicht genügt ein rascher Blick auf beider Kleidung, ihre Käppchen, die dunklen Brillen: Karin Sander und Andreas Uebele sehen so zwillingshaft aus, als hätten sie sich für den Abend abgesprochen.

Ihr Auftritt am Donnerstagabend in edlem Schwarz-Grau passte zur feierlichen Zeremonie, die einmal im Jahr den Martin-Gropius-Bau zur Dependance der römischen Villa werden lässt. Wenn Joachim Blüher, Direktor der Deutschen Akademie Rom Villa Massimo, mit den Stipendiaten aus dem jeweils vergangenen Jahr in Berlin einzieht und hier die kulturpolitische Prominenz einlädt.

Zu Reden von Kulturstaatsministerin Monika Grütters oder der Journalistin Rachel Salamander, die Blüher als „Doyenne des jüdischen Geisteslebens in Deutschland“ als Ehrengast des Abends eingeladen hatte. Zu einer Präsentation für nicht einmal 24 Stunden. Dafür wird hier bis spät in den Abend im Lichthof und den angrenzenden Sälen des Martin-Gropius-Baus musiziert. Es wird gelesen, was Literaten wie Steffen Popp oder Eva Menasse während ihrer Zeit in Rom verfasst und woran Künstler wie Maix Maier oder Michael Hirschbichler gearbeitet haben.

„Zu schön“ und „Zu groß“ steht in schwarzen Lettern auf den sorgsam gerahmten Blättern von Sander und Uebele. Die Künstlerin war für ein Jahr eingeladen, der Experte für visuelle Kommunikation gastierte ein paar Wochen lang in der römischen Villa. Zusammen haben sie die anderen Stipendiaten interviewt und aus den Antworten einen visuellen Mix kreiert. Über seine Fragen schweigt sich das Duo aus, doch es liegt nahe, dass es dabei auch um die Stadt am Tiber und den Palazzo mit seinem eindrucksvollen Park ging: Wer Berlin gewohnt ist – und das gilt für viele der temporären Gäste –, dem fällt der Umgang mit so viel mediterraner Üppigkeit mitunter schwer.

Dabei ist das Band zwischen den Metropolen allein schon historisch ein ziemlich festes. Die Villa Massimo war ein Geschenk an den deutschen Staat, ihr generöser Spender der Berliner Wirtschaftsmagnat Eduard Arnhold – ein freigeistiger jüdischer Konservativer und Mäzen, der 1925 verstarb. Ihm widmete man die Nacht vom vergangenen Jahr. Diesmal feierte sich die Villa Massimo ein wenig selbst: Vor genau einem Jahrzehnt fand das Event zum ersten Mal im Martin-Gropius-Bau statt.

Die Ausstellung dauert nur einen Tag - das ist schade

Was man sich für die Zukunft wünschen würde, wäre eine längere Sichtbarkeit der Villa Massimo in Berlin. Dass das musikalische Solo eines Vassos Nicolaou oder die Geschichten von Eva Menasse, die auch das Grußwort für die Künstler sprach, flüchtige Aufführungen sind: schon klar. Doch die aufwendigen Installationen der bildenden Künstler würden sich problemlos für ein, zwei weitere Wochen in einer autonome Ausstellung behaupten. Dann könnte sich auch die Öffentlichkeit ein Bild von der Arbeit machen, die die Villa in Rom leistet.

Anhand etwa der fotografischen Recherchen von Jorg Sieweke, der die grünen Oasen der Stadt gesucht und dort wahre Müllkippen gefunden hat. Mithilfe des architektonischen Modells von Bernd Grimm, dem der Vatikan fünf Tage Zeit gab, einen Renaissance-Turm neu zu vermessen. Oder dank der zweiten Arbeit, die Karin Sander in die ewige Stadt gebracht hat. Eine Art Performance, basierend auf einem Missverständnis: 2002 hatte man die falsche Karin Sander zu einer Ausstellung eingeladen. Die echte Künstlerin nahm das zum Anlass, nun mehr als ein Dutzend Namensvetterinnen ausfindig zu machen und sukzessive in die Villa Massimo zu bitten. Das fröhliche Doppel – es funktioniert auch ohne schwarze Brille.

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