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Vision Humboldt-Forum: Eintreten in den Kreis der Empfindungen

Vision Humboldt-Forum: Gestaltungsentwürfe für das Ethnologische Museum und das Museum für Asiatische Kunst.

Weitermachen heißt die Devise. Der Wettbewerb zur Gestaltung des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst im Humboldt-Forum war zu einem Zeitpunkt ausgeschrieben worden, als man noch davon ausging, dass es mit dem Bau im kommenden Jahr losginge. Dann, drei Monate später, ließ das Bundeskabinett im Zuge seine Sparbeschlüsse verkünden, der Start werde auf 2014 verschoben. Der Wettbewerb wurde dennoch durchgezogen. Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, zeigte sich bei der Bekanntgabe der vier Preisträger am vergangenen Samstag betont tatendurstig: „Man kann nicht früh genug damit beginnen, sich Gedanken über die Gestaltung zu machen“, sagte er. Und um Normalität zu signalisieren, war auch Franco Stella, der Architekt des Wiederaufbaus anwesend, blieb aber schweigender Beobachter.

In einer Ausstellung im Kronprinzenpalais werden die vier Sieger, Iglhaut + von Grote mit Mila/Jakob Tigges (Berlin), Merz Sauter Zimmermann (Stuttgart), Ralph Appelbaum Associates (London) und Raumkontor Innenarchitektur (Düsseldorf) nun zusammen mit den übrigen Einreichungen präsentiert. Insgesamt hatten sich 16 Büros beteiligt.

Wenn es ernst werden sollte, gilt es, 17 500 Quadratmeter Ausstellungsfläche zu gestalten. Eine enorme Aufgabe, die die Ausloberin des Wettbewerbs, die Stiftung Berliner Schloss – Humboldt-Forum, den Teilnehmern nicht zumuten wollte. Ihr reichten vorerst Vorschläge für Teilbereiche des Ethnologischen und des Asiatischen Museums. Ausschlaggebend für die Jury war das kreative Potenzial der Kandidaten. „Denn“, so Parzinger, „wir werden neue Wege gehen.“

Klassische Dauerausstellungen soll es nicht geben. Vollmundig ist von der „Bewegung der Welt im Zeitalter der Globalisierung“ die Rede – und deshalb soll auch die Innengestaltung möglichst veränderbar sein. Kontroverse Positionen sollen nebeneinander stehen dürfen, sollen wegführen von einem eurozentristischen Blick auf die Weltkulturen. Das sei der Unterschied des Humboldt-Forums zu anderen europäischen Museen. Und all das müssen die Gestalter berücksichtigen.

Ginge es nach dem Planerbüro Iglhaut + von Grote, die aus den Gewinnern als die Mutigsten herausragen, dann würden einige Exponate über den Köpfen der Besucher auf einer Schiene durch den lichtdurchfluteten Raum schweben. Immer wieder neue Blickwinkel scheinen die Gestalter herausfordern zu wollen – mit locker verteilten Vitrinen, die ohne Sockel auf dem Boden stehen. Zu ihnen müsste man sich hinunterbeugen, zu den aufgestapelten Schaukästen hochrecken. Ecken soll es geben, in denen zeitgenössische Künstler ihre Arbeiten ausstellen und so in Dialog mit der alten Kunst treten. Es ist der einzige preisgekrönte Entwurf, der keine wesentlichen Einbauten vornehmen würde. Die Architektur des Schlosses wäre immer sichtbar.

Anders die Ideen von Raumkontor. Bei ihnen gäbe es viele abgedunkelte Abteile, die Schaustücke würden theatralisch angeleuchtet. Die Jury lobte, dass hier fast filmische Stimmungen erzeugt würden, der Besucher immer wieder in neue Szenen trete. Die Designer von Ralph Appelbaum Associates überschrieben ihren Entwurf mit einem Zitat Alexander von Humboldts. „Wir treten aus dem Kreise der Objecte in den Kreis der Empfindungen“. Damit konnten sie bei den Preisrichtern punkten, denen die Ideen insgesamt aber zu konventionell waren. So soll es interaktive Tische und Werkbänke vor den einzelnen Vitrinen geben. Die asiatische Kunst bekommt ruhige Räume zur Kontemplation. Wände wie japanische Schiebetüren lassen sich immer wieder variieren.

Das Büro Merz Sauter Zimmermann lässt die Benin-Sammlung um den sitzenden Besucher kreisen, für die Kunst aus Ozeanien plant es Wandprojektionen mit europäischen Südseefantasien, wie etwa Malerei der Künstlergruppe „Die Brücke“. Bilder des „Ist-Zustands“ sollen immer wieder dazwischen geschoben werden. Das Team habe sich „mit spürbarem Vergnügen an die Arbeit gemacht“, heißt es im Urteil der Jury, die glaubhafte Umsetzung bliebe es indes schuldig.

Die Entwürfe sind Gedankenspiele. Nun müssen die Wissenschaftler mit den Gestaltern in konkretere Verhandlungen darüber gehen, wie die Schätze der Museen, die noch in Dahlem sitzen, präsentiert werden könnten. Einen Zeitplan gibt es dafür noch nicht. Von Nachbesserungswünschen ist in allen vier Urteilen zu lesen. Und so manche hübsche Idee wird sich allein aus konservatorischen Gründen nicht realisieren lassen.

Kronprinzenpalais, Unter den Linden 3, bis 19. September, Mo–So 10–18 Uhr

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