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Kultur: Viva la Diva

Gruberova singt „Norma“ an der Berliner Staatsoper

Wenn Edita Gruberova zu einer konzertanten Aufführung in die Staatsoper kommt, ist Fanstimmung im Schillertheater garantiert. Und die slowakische Sopranistin enttäuscht ihre Anhänger nicht an diesem Samstagabend: Sie ist das beste Beispiel dafür, was man erreichen kann, wenn man die Stimme ein Leben lang behutsam weiterentwickelt. Erst 2004, mit 58 Jahren, hat sie den Gipfelpunkt ihres Repertoires in Angriff genommen, Bellinis „Norma“ – heute ist sie die führende Interpretin dieser Rolle.

Die Tonproduktion selbst ist bei ihr schon ein dramatisches Ereignis. Nie sind die Töne gleich da, sie entwickelt sie, modelliert und kultiviert sie, betastet und befühlt sie von allen Seiten, bevor sie ihnen die volle Strahlkraft verleiht. Nichts ist bei Edita Gruberova selbstverständlich: Mal ist der Klang fast ätherisch dünn, dann wieder prangt er glutvoll über dem Tutti. Berückend, wie schmiegsam sie die Stimme in „Casta diva“ von den fünf H’s aufs dreigestrichene C, den höchsten Ton der Arie, anhebt. Und wie sich ihr Sopran in den Duetten mit dem dunkel brennenden Mezzo von Sonia Ganassi (Adalgisa) mischt. Johan Botha (Pollione) flutet den Saal mit seinem Prachttenor, kann sich aber in den leisen Passagen auch eindrucksvoll zurücknehmen. Ein Sänger auf dem Höhepunkt seiner stimmlichen Möglichkeiten. Alexander Vinogradov (Oroveso) steuert mit schwarz meliertem Bass eine sehr spezielle Farbe bei.

Bellini hat sich vor allem für Stimmen interessiert, er war ein Sängerkomponist. Dirigent Andriy Yurkevych schafft es trotzdem, dem Notentext mit der Staatskapelle und dem Staatsopernchor dramatisches Feuer einzuhauchen. Feinfühlig stimmt er sich mit der Diva Gruberova ab, räumt Plateaus für sie frei, auf denen sich ihre Stimme entfalten kann. Eine Stimme im hellen Nachmittagsschein, nicht im Abendlicht. Udo Badelt

Noch einmal am 3. November.

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