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Das Vogler Quartett: (v.l.n.r.) Tim Vogler, Frank Reinecke (sitzend), Stefan Fehlandt und Stephan Forck.

© Promo/Christian Kern

Vogler Quartett feiert Jubiläum im Konzerthaus: Atmen, Streichen und Peitschenhiebe

Kaum ein Genre hat es so schwer wie die Kammermusik. Dass man trotzdem sein Publikum findet, beweisen die Streicher des Vogler Quartetts. Sie feierten ihr 30-jähriges Bestehen erfrischend im Konzerthaus - und es musste aufgestuhlt werden.

Dass das Publikum für Streichquartette schrumpft, wie Tim Vogler jüngst beklagt hat, kann man angesichts eines proppenvollen Kleinen Konzerthaussaales kaum behaupten. Wenn das Vogler Quartett an den Gendarmenmarkt ruft, müssen sogar Extrareihen aufgestellt werden.

Dabei hat er natürlich trotzdem recht: Kaum ein Genre hat es so schwer wie diese sogenannte Königsdisziplin der Kammermusik, auch die Alterung des Publikums kann man nicht übersehen. Es ist gerade um diese Form des intimen Musizierens sehr schade, aber die Entwicklung kann wohl auch mit noch so viel Energie kaum aufgehalten werden.

Genau die hat sich das Vogler Quartett zumindest auch nach 30 Jahren in der gleichen Besetzung bewahrt. Die Musiker und Freunde legen Wert auf Individualität statt abgeschmirgelten Gleichklang, riskieren auch mal einen Patzer in der Ausgewogenheit. Sie pflegen eine rabiate Musizierhaltung, ob in der Akzentuierung, Dynamik oder Phrasierung. Wenn deswegen manchmal einer ausbricht, so ist das Ergebnis immer noch erfrischender als die monotone Homogenitäts-Dogmatisiererei mancher Kollegen. Ob man einen frühen, mozartischen Beethoven wie das 5. Streichquartett schon fast in die Schubertecke stellt, ist eine Frage des Geschmacks, aber eben auch: eine Position, kein Das-macht-man-aber-so.

Atmen, Streichen und Peitschenhiebe

Dass in drei Jahrzehnten auch viele neue Werke auf den Pulten der fast ausnahmslos schon seit Schulzeiten befreundeten Musiker lagen, beweist die Diskografie. Eines davon ist Jörg Widmanns interessantes 4. Streichquartett, das neben einer erstaunlich harmonisierten Textur auch noch rhythmisches Atmen, Streichen des Instrumentenkorpus und Peitschenhiebe mit den Bögen verlangt, dass das Kolophonium nur so durch den Saal spritzt. Die Idee mag sich schnell verbrauchen, Buhs jedoch sind, zumal im Jubiläumsjahr, für solcherlei Experimentierfreude unangebracht.

Nach der Pause kommt der Komponist gleich noch in seiner ersten Profession zu Wort und gesellt sich zum Quartett als Solist in Webers Klarinettenquintett. Er fügt sich mit seinem wunderbar flexiblen Ton gut ein in die höchst wandelbaren Klänge der Voglers, auch wenn sie es zum Finale hin doch mit dem Tempo übertreiben. Aber so sind sie eben – selbst vor der Anmutung von Zirkusmusik scheuen sie nicht zurück, wenn sie die für richtig halten.

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