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Kultur: Vom Liebesleben der Landeier

MUSICAL

Unbedarftes Landei kommt in die Hauptstadt und lernt ein bunt gemischtes Typenkabinett kennen. Der Stoff ist bekannt und bewährt, und doch ist Peter Lunds neueste Schöpfung Panik Sound Club an der Neuköllner Oper ganz anders als „Linie1“ (bis 12.Juli). Der große Bruder vom Landei arbeitet hier für ein Startup-Unternehmen in Mitte: Denen geht es momentan nicht so gut – das soll aber keiner wissen. Der Bruder kennt viele Gleichaltrige, von denen auch niemand wissen soll, dass es ihnen nicht so gut geht. Das Startup-Milieu gerät schnell aus dem Blick, es entfalten sich die verschiedensten Paarkonstellationen. Da wird ein bisschen geliebt, ein bisschen gelitten und mehr als nur ein bisschen kopuliert. Weil elf Absolventen der Universität der Künste mit jeweils einer langsamen und einer schnellen Nummer versorgt werden müssen, dauert das Werk brutto drei kurzweilige Stunden. So hat der Komponist Niclas Ramdohr die Gelegenheit alle Register zu ziehen, vom California-Sound für die laue Berliner Sommernacht über den Musette-Walzer für die elegisch verschattete Liebe bis zur grotesken Countryballade in Gummistiefeln. Die gut eingeseifte Maschine der ewigen Beziehungsdramen läuft glatt – und just wenn man denkt, jetzt habe ich die Masche verstanden, nimmt die Geschichte eine ironische Wendung. Dass Landei Mo sich ausgerechnet in den Quotenschwulen verliebt und dieser auch noch HIV-positiv sein muss, schrammt zwar hart am Klischee vorbei, hat diese Krankheit aber immerhin relativ elegant und beinahe unsentimental in einem Musical untergebracht. Alle Tonkünstler erfreuen das Ohr außerordentlich. Von denen werden wir noch hören!

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