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Kultur: Von Menschen und Bauten: Eine Hamsterfahrt in die Geschichte

Mit seinem vierten Jahrbuch macht der Zehlendorfer Heimatverein nicht nur Kiezgeschichte greifbar. Wenn ein pensionierter Arzt vom Eintreffen russischer Soldaten 1945 im heutigen Behring-Krankenhaus erzählt oder ein alter Zehlendorfer, der zu Beginn der Blockade 15 Jahre alt war, sich an diese Zeit erinnert, werden auch bei älteren Lesern aus anderen Bezirken die eigenen Jugendzeiten lebendig.

Mit seinem vierten Jahrbuch macht der Zehlendorfer Heimatverein nicht nur Kiezgeschichte greifbar. Wenn ein pensionierter Arzt vom Eintreffen russischer Soldaten 1945 im heutigen Behring-Krankenhaus erzählt oder ein alter Zehlendorfer, der zu Beginn der Blockade 15 Jahre alt war, sich an diese Zeit erinnert, werden auch bei älteren Lesern aus anderen Bezirken die eigenen Jugendzeiten lebendig. Der fixe Junge riskiert nach Hamsterfahrten auf den Grenzbahnhöfen die "Konterbande", einen Beutel Kartoffeln, loszuwerden, rodet Stubben und baut auf dem Hof am Teltower Damm mickrige Tabakpflanzen an.

Der längste Beitrag beschreibt die Geschichte des Wohnungsbaus in Zehlendorf von 1900 bis 2000. Auf acht Seiten wird das Zusammenwachsen mehrerer Dörfer zu einem beliebten Berliner Vorort beschrieben, angefangen mit der Colonie Alsen, die durch Inbetriebnahme der Wannseebahn im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts an die Innenstadt angebunden wurde, über die Villenkolonien Nikolassee und Schlachtensee sowie Zehlendorf-West. Anschaulich wird dabei gezeigt, wie die Vielfalt der Quartiere die soziale Stellung der Bewohner spiegelt.

Bruno Taut entwarf in den Zwanziger Jahren für die Gehag eine beispielhafte soziale Siedlung für naturnahes Wohnen in farbenfrohen Häusern, die noch heute begehrt sind. Gestaltungselemente nationalsozialistischer Architektur werden ebenso dargestellt wie die Wohnbebauung im Standard des sozialen Wohnungsbaus aus der Nachkriegszeit.

Für das 160 Seiten starke Büchlein hat der Heimatverein seltene historische Ansichten herausgesucht. Erneut hat das Bezirksamt den rührigen Verein unterstützt und auch eine Liste der Bezirksverordneten sowie wichtiger bezirklicher Einrichtungen beigesteuert. In der Zehlendorfer Jahreschronik sind Daten von eher historischer Bedeutung wie dem letzten Avus-Rennen mit der Eröffnung einer Skateboard-Anlage in der ehemaligen Alliiertensiedlung traulich vereint. Der Verlag Presse Peterburs finanziert das solide broschierte Heft mit unaufdringlichen Anzeigen. Während auf der linken Seite den Geschäftsleuten Raum für farbige Selbstdarstellungen gegeben wird, finden sich rechts kurzweilige und informative redaktionelle Beiträge. Sogar das Wannseer Hahn-Meitner-Institut bemühte sich anlässlich seines 40. Jubiläums um eine für Laien verständliche Einführung in seine Forschungsarbeit. So erfährt der Leser vom segensreichen Einsatz geladener Teilchen bei der Bekämpfung von Tumoren in der Therapie-Einrichtung am HMI.

Die bunte Broschüre eignet sich gut zum Anlegen einer kleinen Zehlendorfer Chronik. Der Heimatverein fordert schon jetzt die Leser auf, Erzählenswertes für das Jahrbuch 2001 beizusteuern.Das diesjährige Heft ist gratis in einschlägigen Geschäften sowie im Heimatverein (Clayallee 355, geöffnet Montag und Donnerstag von 16-19 Uhr, Telefon 8 01 24 41) erhältlich.

Eva Stern

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