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Kultur: VOR - Babel & Co

Irgendwo muß ich es noch rumliegen haben, das DIN-A-3 Plakat in verwelktem Blaßrosa, auf dem groß und schwarz geschrieben steht: Pünktchen und Anton.Das war - ja, tatsächlich: das war 1968, und das Plakat warb für eine Schulaufführung; und ich war elf und durfte nicht mitmachen und war sauer und schwänzte die Aufführung.

Irgendwo muß ich es noch rumliegen haben, das DIN-A-3 Plakat in verwelktem Blaßrosa, auf dem groß und schwarz geschrieben steht: Pünktchen und Anton.Das war - ja, tatsächlich: das war 1968, und das Plakat warb für eine Schulaufführung; und ich war elf und durfte nicht mitmachen und war sauer und schwänzte die Aufführung.Und "Pünktchen und Anton" habe ich bis zum heutigen Tag nicht auf der Bühne gesehen.Vor 25 Jahren ist Kästner gestorben.Am 3.Februar, kurz vor seinem 70sten Geburtstag.Wie bitte? Falsch gerechnet? Ich gebe zu, in der letzten Woche konnte ich wirklich nicht bis dreizehn zählen und habe behauptet: "Das neue Jahr ist jetzt über zwei Wochen alt" - und oben in der Kopfzeile prangte fett das Datum: 13.Januar 1999.Aber diesesmal passe ich auf.Trotzdem: Kästner kann nicht vor 25 Jahren im Alter von 70 gestorben sein.Dann wäre er ja 1999 erst 95.Wir feiern aber den 100sten.100 Jahre Erich Kästner.Korrekt.Ich meinte aber den richtigen Kästner.Und der hieß Erhart, schrieb autobiographische Reisebücher und war in den 30ern zwei Jahre lang der Sekretär von Gerhart Hauptmann.Erich Kästner indessen hieß weder Erich noch Kästner, als er am 23.Februar vor hundert Jahren auf die Welt kam, er hieß Melchior Kurtz.Übrigens starb der doppelte Kästner ebenfalls vor 25 Jahren.Aber bevor ich mich jetzt doch noch verrechne - ich sehe schon wieder doppelt - möchte ich auf Rutschky hinweisen, Michael Rutschky.Heute Abend spricht er ab 19 Uhr im Literarischen Colloquium über "Das Launige", das wohl irgendwie "ein Problem bei Erich Kästner" ist.Na, man kann ja auch bis Montag warten.Da wird zur gleichen Zeit am gleichen Ort "Über das Erhabene" gesprochen, und das ist wirklich ein Problem, finde ich, ein Problem beim Raoul Schrott.Hören Sie selbst: "Als rhetorische Kunstgriffe suchen die Tropen in Wendungen, die jenen der Sonne zwischen den Kreisen gleichen, nach einem Äquator für Natur und Sprache".

Jetzt ist es gleich soweit: Ich darf mit Hilfe eines Küchenstuhls das Kursbuch 15 aus einem meiner höhergestellten Regale holen und den Staub von dem blauen Dünndruckband blasen.F.C.Delius wird dabei helfen.Aber erst noch ein Hinweis auf die Reihe "Jahrzehnte im Gespräch" in der literaturWERKstatt (jeweils um 20 Uhr).Heute geht es um die 90er Jahre, es sprechen Julia Franck und Ingo Schulze; am nächsten Dienstag sind die 80er dran mit Bert Papenfuß und Uwe Kolbe.Schon am Montag werden die 70er in die Zange genommen - von Ulrich Plenzdorf und F.C.Delius.Am Sonntag vormittag um 11 Uhr 30 wiederum macht sich Delius zur Eröffnung der Ausstellung "Protest! Literatur um 1968" im Literaturhaus "Gedanken beim Wiederlesen des `KursbuchÔ 15".Armes Schwein - nein, aber nein, so hören Sie doch, so heißt das Gedicht, ja, das erste von vier Delius-Gedichten im Kursbuch 15: "Um zwei Uhr nachts stürmten wir das Haus / des namhaften Kritikers.Der saß noch bei der Arbeit, / sprang sofort erleichtert auf und / nahm die Arme hoch ..." Der Kritiker freut sich über die räuberische Alternative: Hände hoch, Literatur oder Leben, läßt sich die Bücher fortschleppen und bietet vergnügt das Du an: "Das, fanden wir, ging zu weit, / Da haben wir also doch wieder einen Fehler gemacht."

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