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Kultur: Vorschau: Babel & Co: Bruno Preisendörfer über einen Sänger, der Dichter werden wollte

Wer ist das? Er ist Kommunist und sitzt ungeduldig am Straßenrand, weil das Auto einen Platten hat.

Wer ist das? Er ist Kommunist und sitzt ungeduldig am Straßenrand, weil das Auto einen Platten hat. Weil er aber nicht irgendein Kommunist ist, sondern ein ganz edler, hat er einen Chauffeur, der das Rad wechselt. Deshalb hat er Zeit, darüber nachzudichten und zu denken, warum er so ungeduldig ist, obwohl er weder mit dem zufrieden ist, wo er herkommt, noch mit dem, wo er hinwill. Ihnen selbst geht es hoffentlich nicht so, wenn Sie sich am Sonntag zum Literaturfest mit Jazz (ab 15 Uhr 30) zum Brecht-Weigel-Haus nach Buckow auf den Weg machen. Es lesen Tatjana Gromace, Annett Gröschner, Michael Kumpfmüller, Bert Papenfuß. Von Papenfuß nun ein Pröbchen aus der Zeit, in der er hinten zusätzlich noch Gorek hieß. Es stammt aus dem Jahr 1977 und heißt "ein saufen findet for der buehne statt": "nimm nen guten rat fonner guten ratte an/ denn guter rat is durchaus nich teuer/ lass dich dadurch dingfest machen/ kleine fische angeln gern gut/ / sauf aus & geh nach haus/ / nimm nen guten rat fonner guten ratte an/ denn guter rat is durchaus nich teuer/ lass dich dadurch dingfest machen/ kleine fische angeln gern gut/ / & zuhaus sauf dich selber aus."

Sollten Sie lieber an den Wannsee als nach Buckow fahren, können Sie auch das mit literarischen Freuden verbinden. Das schon legendär legendäre Sommerfest des Literarischen Colloqium Berlin wird in diesem Jahr vom dtv Verlag ausgerichtet. Der Verlag wird in diesem Jahr 40, aber von Midlife Crisis keine Spur. Es geht um 14 Uhr 30 los. Für die Musik sorgen das Coco Schumann Quartett, das Klezmerduo Joel Rubin und Claudio Jacomucci und schließlich Acoustica. Es lesen: Antje Strubel, Julia Franck, Maxim Biller, Rafael Seligmann, Michael Kleeberg und Uwe Timm.

Wenn Frieden und Gerechtigkeit sich knutschen, leben die Menschen in goldener Zeit, oder, um es im Original zu sagen: "Begegnen werden sich Erbarmen und Treue,/ Gerechtigkeit und Friede werden sich küssen./ Aus der Erde sprießet die Treue,/ Gerechtigkeit blickt hernieder vom Himmel." Das war Psalm 85. In diesem Psalm steht aber auch: "Deinem Volke hast du erlassen die Schuld,/ hast zugedeckt all seine Missetat." In deutschen Kirchen verlesen ein schwieriger und spannender Satz. Was Bischof Wolfgang Huber daraus macht, können sie in seiner Predigt im Gottesdienst morgen um 19 Uhr in der Kirche am Hohenzollernplatz hören.

Heute vor dreißig Jahren starb Jim Morrison, Rambo der "Doors" und Rimbaud des Rock. Hier eines seiner Gedichte: "Ich bin ein Führer ins Labyrinth/ Kommt & besucht mich / im grünen Hotel/ Zi. 32/ Ich bin nach 21.30 da/ Ich zeige euch das Mädchen aus dem Getto/ Ich zeige auch den brennenden Brunnen/ Ich zeige euch seltsame Menschen / gehetzt wie Tiere, am/ Rande der Evolution / - Fürchtet Die Herren (im Orig. The Lords), die/ heimlich unter uns sind." Und jetzt noch eine Passage aus einem "Selbstinterview": "Das Spiel der Kunst und Literatur zieht mich stark an; Künstler und Schriftsteller sind meine Helden. Ich wollte immer schreiben, dachte aber, es hätte keinen Sinn, wenn nicht die Hand den Stift ergriffe und ihn übers Papier führte, ohne dass ich wirklich etwas damit zu tun hätte. Wie automatisches Schreiben. Aber das kam nie."

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