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Kultur: Vorschau: Babel & Co

Beginnen wir bedächtig: "John Franklin war schon zehn Jahre alt und noch immer so langsam, dass er keinen Ball fangen konnte. Er hielt für die anderen die Schnur.

Beginnen wir bedächtig: "John Franklin war schon zehn Jahre alt und noch immer so langsam, dass er keinen Ball fangen konnte. Er hielt für die anderen die Schnur." Ein guter Romananfang, besonders geglückt der zweite Satz: "Er hielt für die anderen die Schnur." Weiter: "Vom tiefsten Ast des Baums reichte sie herüber bis in seine emporgestreckte Hand. Er hielt sie so gut wie der Baum, er senkte den Arm nicht vor dem Ende des Spiels." John Franklin lebte von 1786 bis 1847. Die meisten Leser kennen den Seefahrer aus dem Nadolny-Klassiker "Die Entdeckung der Langsamkeit", aus dem gerade zitiert wurde. Im Jahr 1819 wurde Franklin von der Britischen Admiralität losgeschickt, um im Norden Kanadas eine Durchfahrt vom Atlantik zum Pazifik zu finden, die sogenannte "Nordwestpassage". Von dieser Weltgegend handelt Rudy Wiebes "Land jenseits der Stimmen", das am Montag um 20 Uhr bei Eichborn Berlin in der Oranienburger Str.4-5 vorgestellt wird.

Auch heute Abend geht es um eine Passage, die "Venuspassage" diesmal. Im Indien des 18. Jahrhunderts treibt sich ein gewisser Le Gentil herum. Er ist Astronom und will die Entfernung zwischen Erde und Sonne berechnen, und eben dafür die "Venuspassage" beobachten. Wie das im einzelnen vor sich geht, können Sie sich um 20 Uhr in der Archenhold Sternwarte in Alt-Treptow 1 erläutern lassen, und zwar von Lorenz Schröter, der einen Roman über die himmlische Angelegenheit geschrieben hat.

Das diesjährige Sömmerchen hat sich schon wieder davon gemacht. Bei Buchstaben mit R darf man sich nicht auf den Boden setzen, so wurde uns Landkindern früher eingeschärft. Von Septemberrr bis Aprrril dauerte diese Sperrzeit. Wenn es Ihnen so geht wie mir und Sie den Berliner Depressionswinter fürchten, können Sie schon mal anfangen, sich abzuhärten. In der Salonbuchhandlung im Theodor Tucher Restaurant am Pariser Platz 6 A präsentiert Lothar Wolf "Rezepte für trübe, kurze Tage" nach Dr. Erich Kästners "lyrischer Hausapotheke".

Es gibt Wasserstrudel, Apfelstrudel und - Textstrudel, leider ohne Vanillesoße. Beim diesjährigen Schriftstellertreffen "Tunnel über der Spree" geht es um die Frage: "Wie tief soll und darf der Leser hineingezogen werden in den Text-Strudel?" Und: "Müssen Schriftsteller vielleicht sogar bei der Arbeit ihrem eigenen Sog erliegen, damit der Leser schließlich alles um sich herum vergisst?" Dem eigenen Sog erliegen? Also, das werde ich jetzt auch mal probieren. Oder wir machen das zusammen, okay? Ich schreibe und erliege dem Sog, Sie lesen, strudeln und vergessen. Aber vielleicht strudeln Sie lieber mit zwei Schriftstellerinnen als mit einem Kolumnisten. Dann sollten Sie am Freitag um 20 Uhr ins Literarische Colloquium gehen. Karen Duve und Katharina Hacker diskutieren mit Teilnehmern des Schriftstellertreffens, darunter Doris Dörrie, Judith Hermann und Christoph Peters.

Zum Abschluss noch ein wenig genetische Poesie: "M2JDKI-(UNF)K3STAMMOOKT1411+IM1811+G3008+" Das Zeichengewirr ist ein Code, und zwar ein ganz süßer: STAMM steht für "Stammzellen", IM für - nein, natürlich nicht, es steht für "Implantation". Und das alles kommt in dem Wissenschaftsthriller "Sexy Sons" von Bernhard Kegel vor. Worum es da im Einzelnen geht, können Sie am Donnerstag um 21 Uhr im Buchhändlerkeller erfahren. Hier schon mal ein Pröbchen: ">Sexyyyyy!< Innerhalb weniger Minuten erfasste eine Welle der Bewegung die ganze Halle. Die Sexy Sons spielten einige ihrer bekanntesten Hits, und nach jedem Song sprangen Tänzerinnen laut kreischend vom Turm ins Becken und wurden durch andere ersetzt."

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