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WAGNERS Welt (1): Dichter zuerst

Nicht Eitelkeit, sondern ein unabweisbares Bedürfnis, hat mich zum Schriftsteller gemacht. In frühester Jugend machte ich Gedichte und Schauspiele; zu einem dieser Schauspiele verlangte es mich Musik zu schreiben: um diese Kunst zu erlernen ward ich Musiker.

Nicht Eitelkeit, sondern ein unabweisbares Bedürfnis, hat mich zum Schriftsteller gemacht. In frühester Jugend machte ich Gedichte und Schauspiele; zu einem dieser Schauspiele verlangte es mich Musik zu schreiben: um diese Kunst zu erlernen ward ich Musiker. Später schrieb ich Opern, indem ich meine eigenen dramatischen Dichtungen in Musik setzte. Musiker von Fach sprachen mir dichterisches Talent zu; Dichter von Fach ließen meine musikalischen Fähigkeiten gelten. Das Publikum gelang es mir oft lebhaft zu erregen: Kritiker von Fach haben mich stets heruntergerissen.

So erhielt ich an mir und meinen Gegensätzen viel Stoff zum Denken: wenn ich laut dachte, brachte ich den Philister gegen mich auf, der den Künstler sich nur albern, nie aber denkend vorstellen will. Von Freunden wurde ich oft aufgefordert, meine Gedanken über Kunst und das, was ich in ihr wolle, schriftstellerisch kundzugeben: ich zog das Streben vor, nur durch künstlerische Thaten mein Wollen zu bezeugen. Daran, dass mir dies nie vollständig gelingen durfte, musste ich erkennen, dass nicht der Einzelne, sondern nur die Gemeinsamkeit unwiderleglich sinnfällige, wirkliche künstlerische Thaten zu vollbringen vermag.

(„Das Kunstwerk der Zukunft“, 1852)

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