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Kultur: Wahrer der Balance

Matinee des Radiosinfonieorchesters Frankfurt.Der Solist hält eine Gitarre, fast größer als er selbst.

Matinee des Radiosinfonieorchesters Frankfurt.Der Solist hält eine Gitarre, fast größer als er selbst.Nach wenigen Takten ist die nüchterne Umgebung des großen Sendesaals vergessen, authentisches Kolorit wird glaubwürdig greifbar.An diesem Vormittag fließt der Main durch Spanien.Narciso Yepes war der Gitarrist des Konzerts vor fast zwanzig Jahren, und bis heute hat Rafael Frühbeck de Burgos es verstanden, klassischer Musik aus Spanien und ihren Interpreten einen angemessenen Platz auf den Musikpodien zu verschaffen.

Spanien und Deutschland sind nicht nur in seinem Namen eine feste Verbindung eingegangen.Seine Eltern stammen aus Süddeutschland, er selbst wurde in Burgos geboren und fügte den Ort seinem Namen bei.Einen Teil seiner musikalischen Ausbildung erfuhr er in München zu Zeiten von Carl Orff und Harald Genzmer.Gerade einunddreißig, übernahm er die Leitung des Spanischen Nationalorchesters in Madrid.Sein Weg führt ihn als Musikchef nach Düsseldorf, Montreal und zu den Wiener Symphonikern, neben regelmäßigen Kontakten nach Tokio und Washington.Über einhundert Schallplatteneinspielungen gibt es von ihm, mit ebenso vielen Orchestern hat er weltweit gearbeitet und dabei eine Bandbreite entwickelt, mit der er eine Einordnung ausschließlich als Spezialist für das spanische Repertoire weit hinter sich gelassen hat.

Im Berliner Musikleben der letzten Jahre ist Frühbeck zur festen Größe geworden, wenn auch mit zwiespältiger Aufnahme.An der Deutschen Oper ist er, obwohl Kandidat des Orchesters und des Intendanten, nie wirklich heimisch geworden, das Publikum verhielt sich ihm gegenüber bestenfalls reserviert.Seine Amtszeit hatten sich wohl alle Beteiligten einmal anders vorgestellt als die insgesamt eher glücklosen fünf Jahre.

Was Frühbeck mit Sängern, einem Chor und einem Orchester auf die Beine stellen kann, läßt sich in Berlin öfters an anderer Stelle beobachten: Beim Rundfunkchor und dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (RSB), dessen Chefdirigent er seit 1994 ist.Rossinis Stabat Mater, Verdis Requiem und Mendelssohns Elias sind nur einige der großformatigen Werke, die ihm in dieser Zeit überzeugend gelangen.Durch überlegte Disposition fügten sich Spannung, sensibles Begleiten und das Wahren der Balance der Stimmen auch unter den akustischen Eigenheiten des Schauspielhauses wie von selbst.Überhaupt scheint dort die Zusammenarbeit zur allseitigen Zufriedenheit zu verlaufen.Die nächste Gelegenheit, sich davon ein Bild zu machen, bietet das Festkonzert des RSB am 29.Oktober zur Eröffnung des 75.Jubiläums des ältesten deutschen Rundfunkorchesters.Und aus Frühbecks großem musikalischen Freundeskreis ist diesmal Montserrat Caballé mit dabei.

ALEXANDER ROSS

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