zum Hauptinhalt

Kultur: Wald, Meer, See

Hitze. Hitze.

Hitze. Hitze. Hitze. Alles strebt weg: an den Strand, an den See, in die Berge. Was machen die Galerien, wenn die Stadt sich leert? Sie reisen mit ins Grüne. Und entdecken ein uraltes Thema neu: die Landschaft. Den Wald. Den See. Das Meer. Gleich zwei Berliner Galerien haben das Thema „Landschaft“ seit letzter Woche auf dem Programm: upstairs berlin mit einer Auswahl sechs junger Künstler, die bislang noch nicht in Berlin zu sehen waren, und Eigen + Art mit einer Best-of-Präsentation der Galeriezugpferde von Neo Rauch bis Tim Eitel. Konkurrenzveranstaltungen oder Zeichen eines neuen Trends? Immerhin wird in Essen gerade Caspar David Friedrich groß gefeiert, in München Frans Post, in London Constable und in Stuttgart Monet. Da lohnt der Blick auch auf die Nachfolger.

Ganz offensichtlich Pate stand Caspar David Friedrich für Julia Oschatz bei upstairs berlin (Zimmerstraße 90/91, bis 12. August) , die in der Videoarbeit „Between C, D and F“ einen Hasen durch Friedrichs Landschaften hüpfen lässt, mit dem Taschentuch winkend auf einem Stein am Meer, an einem Ast baumelnd an den Kreideklippen von Rügen und verirrt im Wald. Am Ende hat der Hase genug von der Romantik und schmiert dem Betrachter ein „Fuck off“ entgegen (2000 Euro).

Wichtiger für andere Künstler scheint der schottische Maler Peter Doig zu sein. Sowohl Anke Schreck als auch Elizabeth Magill beziehen sich mit ihren fleckigen, schwebenden Traumsequenzen auf ihn – und landen dabei oft nahe am Kitsch. Origineller schon der Franzose Olivier Masmonteil , der in der Tradition von Michael Wesely Seelandschaften zu abstrakten Farbstreifen verschwimmen lässt. Da dämmert der Abend über den schwarzen Hügeln, als wär es ein Leistikow, und gleichzeitig spiegelt der See sich in Rot, Lila, Pink. Doch Romantik ins Gruseln gewendet hat am eindrucksvollsten die Belgierin Isabelle Lousberg , die mit einer Lochkamera in Schottland Schlossruinen fotografiert und auf Aluminiumplatten gezogen hat (950 bis 1400 Euro). Schwarz ragen die Mauern empor, düster drohen die Wolken, geheimnisvoll schimmert der See – ein Hauch von Daphne Du Maurier liegt über der Szenerie.

* * *

Bei der Sommerausstellung von Eigen + Art (Auguststraße 26, bis 26. August) fällt dagegen vieles unter „Landschaft“, sei es ein „Wandstück“ von Ricarda Roggan (4000 Euro), Fotos von einer Moschee im Rohbau von Nina Fischer und Maroan el Sani (4500 Euro) oder das witzige Foto eines als Hochhausbauten verkleideten Performance-Septetts von Maix Mayer (7000 Euro). Natürlich dürfen Neo Rauch nicht fehlen, der eine düster-altmodische Straße beisteuert, Tim Eitel , der sich diesmal aufs Fotografieren verlegt hat, Matthias Weischer mit einer Serie von Aquarellen oder Martin Eder , der eine in den Wald pinkelnde Nymphe zeigt. Olaf Nicolai lässt Schafe in Arkadien weiden, Carsten Nicolai fotografiert Wolken, Yehudit Sasportas ist mit zweien ihrer raffiniert verspiegelten Waldstücke dabei, und Annelies Strba schickt ein kleines Mädchen durch den Busch. Landschaft ist hier alles, oder nichts, und auf jeden Fall der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich die von der Galerie vertretenen Künstler bringen lassen. Dann vielleicht doch eher ein Ausflug an den See?

Christina Tilmann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false