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Kultur: Wann ist ein Mann ein Mann?

Die UdK-Studentin Lisa Sänger lotet Herrenmode zwischen Hip-Hop und Haute Couture aus und gewinnt einen Preis.

„Der Anruf kam total überraschend“, sagt Lisa Sänger. „87 Designer aus der ganzen Welt haben sich beworben und ich sollte unter den Finalisten sein? Damit hatte ich nicht gerechnet.“ Die 25-Jährige studiert im neunten Semester Modedesign an der Universität der Künste in Berlin und hat mit ihrer Kollektion „The boy was brightly decorated“ gerade den zweiten Platz beim „European Fashion Award FASH“ in München gemacht.

2005 wurde der Preis zum ersten Mal von der Stiftung der Deutschen Bekleidungsindustrie (SDBI) ausgeschrieben. Seitdem wird er einmal im Jahr verliehen. Er richtet sich, anders als viele andere Wettbewerbe, ausschließlich an Studenten und gibt jedes Mal ein konkretes Thema vor. 2013 hieß es „SEXes“, damit sollte das neue modische Rollenvorbild des Mannes infrage gestellt werden.

Gibt es heute noch echte Kerle? Wie sehr sollten sie sich mit ihrem Aussehen beschäftigen? Dürfen sie Frauenkleidung tragen? Im Job aussetzen und Elternzeit nehmen? Kurz: Wann ist ein Mann ein Mann und was zieht er an? Für Lisa Sänger kam das Thema wie gerufen. Als es im letzten Jahr bekannt gegeben wurde, arbeitete sie an ihrer Semesterkollektion und hatte gerade beschlossen, sich dabei auf den Widerspruch von Haute Couture und Herrenkleidung zu konzentrieren.

„Haute Couture ist auffällig, blumig, voluminös und eigentlich den Frauen vorbehalten. Ich wollte herausfinden, ob und wo diese Art des Schmückens auch in der normalerweise schlichten Männermode auftritt.“ Fündig wurde sie in der Hip-Hop-Szene: Sich als Mann mit einem ganzen Berg von Goldketten und Ringen zu behängen, ist hier nicht nur erlaubt, sondern sogar ein Symbol für Macht und Männlichkeit.

Lisa Sänger hat drei Outfits entworfen und darin die typischen Elemente beider Modestile miteinander verbunden. Kastige Jacken, überlange Hemden und tief sitzende Hosen erinnern an die Silhouetten des Hip-Hop, goldene Samt- und Seidenstoffe sowie aufwendige Plissee- und Quiltarbeiten kommen aus der Haute Couture. Der Titel der Kollektion trifft es auf den Punkt: Die Jungs sind prächtig geschmückt.

Auch wenn sich das modische Rollenvorbild des Mannes tatsächlich stark verändert hat, männliche Models plötzlich Brautkleider präsentieren und Schauspieler für Damenparfum werben – dass die Mode in Zukunft weiblicher wird, bezweifelt Lisa Sänger. „Ich glaube eher, dass etwas ganz Neues entsteht. Eine dritte Option sozusagen, irgendwo zwischen Mann und Frau. Beim Entwerfen ergeben sich dadurch viel mehr Möglichkeiten, und das macht es so spannend.“

Als Zweitplatzierte konnte Lisa Sänger ihre Entwürfe drei Tage lang mit den anderen Gewinnern auf der Sportmesse ISPO in München ausstellen und hat 1000 Euro gewonnen. Das Preisgeld spart sie für ihre Diplomarbeit, die im Herbst ansteht. Und dann? „Ich möchte erst mal ins Ausland und Erfahrungen bei einem großen Unternehmen sammeln.“ Am liebsten bei Dior, einem der ältesten Couturehäuser.Lisa Strunz

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