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Kultur: Ware Natur

Schweinebraten mit Geweih in der daad-Galerie

Leonardo da Vinci versuchte die Bewegung des Wassers zeichnerisch zu ergründen, Caspar David Friedrich malte die Natur als Einblick ins menschliche Seelenleben. In der daad-Galerie heißt es nun „Die Natur ruft“, neun zeitgenössische Künstler antworten. Aber sie ist uns fremd geworden. Die Natur bietet keine idyllischen Landschaften mehr. Hier ist sie Gegenpol zur künstlichen Welt. Jimmie Durham findet sein Material in freier Wildbahn, aber pfropft das Geweih auf ein Abflussrohr. Jennifer Allora und Guillermo Calzadilla braten in ihrem Video ein Schwein auf offenem Feuer, den Spieß kurbelt ein Autorad an. Bethan Huws entwirft in einem Wandtext eine absurde Szenerie in einem Secondhand-Shop, in dem Salat und Peperoni in Folie gewickelt liegen. Natur als Ware.

Ebenfalls Secondhand sind die Arbeiten des italienischen Arte-Povera-Künstlers Mario Merz. Im Schaufenster hängen zwei Plakate, die er 1974 für eine Ausstellung gestaltet hat: darauf die Fibonacci-Zahlenfolge, eine Formel, die häufig dem Bauplan von Pflanzen zugrunde liegt. Hellen Mirra versucht hilflos, einer Naturmystik auf die Spur zu kommen, indem sie von Wanderungen in den Schweizer Bergen Steine mitnimmt und die Stellen später fotografiert. Sind Steine einfach Steine, oder tragen sie den Ort, dem sie entstammen, in sich? In der daad-Galerie ist es umgekehrt: Hier laden Künstler den Ort mit Bedeutung auf. Ihre Namen dienen als Lockstoff. Anna Pataczek

daad-Galerie, Zimmerstr. 90 / 91, bis 4. Dezember, Mo – Sa 11 – 18 Uhr.

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