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Warschau: Soll Stalins Prestige-Bau unter Denkmalschutz?

Die Pariser haben ihren Eiffelturm, London hat die Tower Bridge und Berlin das Brandenburger Tor. Aber kein anderes Wahrzeichen einer Metropole ist so umstritten wie der Kulturpalast in der polnischen Hauptstadt Warschau.

Warschau - Das fast 231 Meter hohe Gebäude im Herzen Warschaus aus dem Jahr 1955 hatte schon immer die Gemüter der Warschauer erregt. Nun ist eine neue Diskussion entfacht. Der Kultur- und Wissenschaftspalast (Palac Kultury i Nauki), soll unter Denkmalschutz gestellt werden, berichtet die Zeitung "Dziennik".

Die Meinungen dazu sind unterschiedlich. Manche Warschauer befürworten diese Idee, andere würden das stalinistische Bauwerk lieber heute als morgen abgerissen sehen. "Er ist eines der Symbole unserer Stadt", meint Bauunternehmer Przemyslaw Guminski. Die Gegner des Kulturpalastes dagegen sehen in ihm immer noch ein Symbol totalitärer Unterdrückung. "Das ist kein polnisches, sondern ein sowjetisches Denkmal", ereifert sich die Literaturwissenschaftlerin Ewa Sliwka.

Der monumentale Bau aus Stein und Kalksandstein war in der Tat ein Geschenk des sowjetischen Volkes an das polnische Volk. Stalin selbst war der Initiator des Bauwerkes. Viele Warschauer assoziieren deshalb mit dem Palast Polens Unterwerfung durch die Sowjetunion.

"Ideologische Bedeutung verloren"

Für viele Menschen jedoch stellt er eine wichtige Erinnerung an die Warschauer Nachkriegszeit dar, die nicht verdrängt werden soll und darf: früher ein Symbol der Unterwerfung, heute ein Symbol der Freiheit. "Seit wir die Freiheit wieder erlangt haben, hat er seine ideologische Bedeutung verloren", meint etwa der Schriftsteller Tadeusz Konwicki.

Die meisten Warschauer haben sich an den Kulturpalast gewöhnt, wie die Rentnerin Beata Ostalkiewicz. "Ich bin in den Ruinen aufgewachsen, die vor dem Bau des Palastes dort waren. Er ist das prägendste Gebäude der Stadt." Das hindert die Warschauer nicht, seit Generationen den gigantischen Palast zu verspotten. Der Volksmund nennt ihn denn auch bespielsweise wegen seiner Form den "Traum eines verrückten Konditors".

Kulturelles Zentrum

Allerdings schätzen die Warschauer die praktischen Seiten des Kultur- und Wissenschaftspalastes. Mit Theater, Kinos und Kongresssälen gibt es ein reiches Kulturangebot, Rockkonzerte haben die einstigen Parteitage der kommunistischen Partei abgelöst. Ein Technisches und ein Naturkundliches Museum sowie ein Planetarium stehen für Wissenschaft.

Andere sehen das Bauwerk als bedeutendes Beispiel der Architektur des Sozialistischen Realismus und somit als ein unverwechselbares Wahrzeichen Warschaus. Der Sozialistische Realismus sei eben der architektonische Stil der damaligen Epoche gewesen und müsse erhalten und geschützt werden, argumentiert die Architektin Magda Kilecka.

Über die Ästhetik lässt sich natürlich trefflich streiten. Manch ein Warschauer betont gerne, der schönste Ort der Stadt sei der auf der Aussichtsplattform des Kulturpalastes. Es sei schließlich der einzige Ort in Warschau, an dem man den Kulturpalast nicht sehen könne. (Von Anna Duda, dpa)

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