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Kultur: Warum Krieg?

Am 6. Mai feiert alle Welt den 150. Geburtstag von Sigmund Freud. Bis dahin lesen wir täglich vom Pionier der Psychoanalyse.

Von unserer mythologischen Trieblehre her finden wir leicht eine Formel für die indirekten Wege zur Bekämpfung des Krieges. Wenn die Bereitwilligkeit zum Krieg ein Ausfluß des Destruktionstriebes ist, so liegt es nahe, gegen sie den Gegenspieler dieses Triebes, den Eros, anzurufen. Alles, was Gefühlsbindungen unter den Menschen herstellt, muß dem Krieg entgegenwirken. (...) Wie lange müssen wir nun warten, bis auch die anderen Pazifisten werden? Es ist nicht zu sagen, aber vielleicht ist es keine utopische Hoffnung, daß der Einfluß dieser beiden Momente, der kulturellen Einstellung und der berechtigten Angst vor den Wirkungen eines Zukunftskrieges, dem Kriegführen in absehbarer Zeit ein Ende setzen wird. Auf welchen Wegen oder Umwegen, können wir nicht erraten. Unterdes dürfen wir uns sagen: Alles, was die Kulturentwicklung fördert, arbeitet auch gegen den Krieg. Ich grüße Sie herzlich und bitte Sie um Verzeihung, wenn meine Ausführungen Sie enttäuscht haben.

Sigmund Freud an Albert Einstein: „Warum Krieg?“, Brief vom September 1932. Aus: Gesammelte Werke in 18 Bänden, Band XVI, hg. von Anna Freud, Edward Bihring, Willi Hoffer, Ernst Kris, Otto Isakower, unter Mitwirkung von Marie Bonaparte. S. Fischer Verlag, 1992

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