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Kultur: Was da klingt

Zubin Mehta und die Berliner Philharmoniker.

Zuletzt spielten die Berliner Philharmoniker Bruckners 8. Sinfonie vor drei Jahren unter Christian Thielemann. Es war eine eindrucksvolle Aufführung, aber der Dirigent hatte viel damit zu tun, den Klang abzudämpfen, den Verlauf zu verzögern, eine zu schnelle Steigerung zu verhindern. Natürlich inszeniert das Werk ein Wechselspiel von Stauung und Entladung – doch der Gedanke an Arbeit kam einem überhaupt nicht, als jetzt Zubin Mehta dasselbe Stück mit demselben Orchester dirigierte. In einer Aufführung, wie man sie wahrscheinlich nur alle Jubeljahre einmal zu hören bekommt, entsprang alle Musik der Großmut des Gewähren-Lassens. Kkein Zeichen diente der nachträglichen Zügelung, jedes der vorausblickenden Ermutigung.

Mehta zeigte gar nicht sehr viel, aber alle Gesten setzten sich hörbar im Klangbild um. An den Schnittstellen des Scherzos blieb der Dirigent bis zum Ausschwingen der Phrase bei den Streichern und ließ die Holzbläser ohne Einsatz alleine beginnen, um dann erst den Moment zu markieren, in dem das Thema mit seiner eigenen Umkehrung gleichzeitig erklingt. Oft wanderte Mehta auf dem Podium nach links, um die ersten Geigen in ihrer unübertrefflich natürlichen Artikulation zu unterstützen; dann genügte die Drehung des Oberkörpers, die Zuwendung der rechten Schulter, um in den zweiten Geigen den Klang aufblühen zu lassen.

Ihr menschliches Maß hatte die Aufführung darin, dass sich der Einzelne jederzeit gegen das Orchesterkollektiv zu behaupten wusste. Das war nur bedingt eine Frage der Lautstärkerelationen. Den Solisten wurde nicht wie kleinen Königen der Teppich ausgerollt, vielmehr brachten sie sich durch die Unverwechselbarkeit von Timbre und Charakter als Individuen zur Geltung. So zeigte auch die Klimax der großen Themenmontage des letzten Satzes, dass das ganz Verschiedene gleichzeitig da sein darf und nicht, dass alles, was da singt und klingt, in die Synthese gezwungen werden muss. Von Monumentalität keine Spur. Großer Jubel.

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