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Kultur: Was es wert ist

Der Kunstmarkt boomt und mit ihm die Bücher, die Orientierung im Preisdschungel versprechen

Katja Blomberg: Wie Kunstwerte entstehen

Murmann Verlag, Hamburg 2005,

224 Seiten,

24,90 Euro.

Martin Leyer- Pritzkow und

Klaus Sebastian:

Das Kunstkaufbuch, Prestel Verlag,

München 2005,

64 Seiten

12,95 Euro.

Otto Hans Ressler: Was ist es wert?

Böhlau Verlag,

Wien 2005,

324 Seiten, 15 Euro.

Seitdem Kunst und Wirtschaft immer näher zusammenrücken mehren sich auch in den Verlagen die Neuerscheinungen zum Thema Kunstmarkt, Sammeln und Selbstmanagement für Künstler. Ein absolutes Muss in diesem Segment ist Katja Blombergs „Wie Kunstwerte entstehen“. Schon der Blick ins Inhaltsverzeichnis zeigt: Hier schreibt eine Kennerin mit Witz und Verve direkt aus dem Haifischbecken der zeitgenössischen Kunst. Ihre Porträts von Galeristen, Künstlern, Sammlern und Beratern bieten eine kritische Analyse, die leichtfüßig und mit Tiefenschärfe Anekdotisches mit Fakten verzahnt. Kein Meinungsmacher fehlt in diesem „Who is Who“ des Betriebssystems Kunst mit seinen globalen Vernetzungen. Das Herz der Autorin schlägt eindeutig für Sammler, die mit Herzblut agieren. Der Eigensinn einer Ingvild Goetz oder Axel Haubroks Lust am Querulantentum stehen Blomberg näher als das Kalkül eines Friedrich Christian Flick; den sie dennoch nicht pauschal abkanzelt, sondern mit Akribie seziert. An den Beispielen von Udo Kittelmann, Museum für Moderne Kunst in Frankfurt, und Dirk Luckow, Kunsthalle zu Kiel, untermauert Blomberg schließlich, dass Museen auch in Zeiten knapper Mittel nicht zwangsläufig der Veredelung von Großsammlerkapital dienen müssen.

Obwohl er eher dem traditionellen Handel verpflichtet ist, spannt Otto Hans Resslers in seinem Buch „Was ist es wert?“ den Bogen vom Barock bis zu Elke Krystufek. Übersichtlich strukturiert informiert der Direktor der Wiener Kunstauktionen im Kinsky über Preisentwicklungen. Wobei sein Überblick neben der Malerei auch Möbel, Uhren und Silber einbezieht. Fachbegriffe werden anschaulich erläutert. Eindeutiger Nachteil aus deutscher Perspektive: Ressler bezieht sich allein auf österreichische Kunst und rekrutiert die Beispiele aus dem Fundus der Auktionshäuser im Kinsky und Dorotheum – was bisweilen doch den Eindruck eines zum Buch aufgearbeiteten Auktionskatalogs hinterlässt.

Auf ein junges Publikum zielt „Das Kunstkaufbuch“ von Martin Leyer-Pritzkow und Klaus Sebastian. In lockerem Jargon wollen die beiden Autoren das Geschäft mit den Newcomern auf unterhaltsame Weise erklären. 64 Seiten mit großer Schrifttype und ganzseitige Farbabbildungen gegen die Schwellenangst. Keine zehn Semester Kunstgeschichte, sondern „nur zwanzig Minuten benötigen Sie, um sich in Zukunft ganz entspannt und aufgeschlossen mit einem unbekannten Kunstwerk zu beschäftigen“, versprechen die Autoren. Entsprechend oberflächlich bleiben Tipps für Neueinsteiger wie „Prüfen Sie bei jedem Werk der zeitgenössischen Kunst, ob es eine Erkenntnis vermittelt.“Auf die Frage nach dem Original kommt die verblüffende Antwort: „Das Original bleibt das Original, weil es das Original ist!“ Der ohnehin spärliche Gehalt wird noch einmal als „Kurzform für Ungeduldige“ zusammengefasst. Danach bleibt nichts weiter als die Frage, warum ein seriöser Kunst-Verlag wie Prestel eine solche Broschüre, von der man nicht einmal weiß, wofür sie eigentlich werben will, zwischen zwei Buchdeckeln aufbläht?

Aufschluss findet der Leser in Kathrein Weinholds Kompendium „Selbstmanagement im Kunstbetrieb“. Die Autorin belegt, dass sich ein Großteil der nachwachsenden Sammlerschicht weniger für künstlerische Inhalte und Fragestellungen interssiere, sondern Stars, Events und Labels in den Vordergrund getreten sind. Weinhold wendet sich an Kunstschaffende und bietet jede Menge nützliche Empfehlungen: von ausführlichen Literatur- und Service-Verweisen bis zu einem dezidierten Business-Plan. Denn längst ist Umdenken angesagt, auch beim Selbstverständnis des Künstlers. Das verkannte Genie hat ausgedient. Wer sich behaupten will, muss die Rollenvirtuosität des dreifachen Arbeitsalltags beherrschen: zur künstlerischen Arbeit gesellen sich in der Regel ein Job zur Existenzsicherung sowie geschickte Selbstvermarktung hinzu, die ein zunehmendes Maß an Professionalisierung erfordert. Eine Stärke dieses „Praxis-Guides“ liegt in der Analyse des Kunstmarkts als Durchlauferhitzer: Seine „Leitwährung“ heißt Aufmerksamkeit, und der Erfolg wird nicht mehr durch das Zertifikat eines Meisters gesichert, sondern via Meinungsmacht. Die Risiken des Künstlerberufs werden geschildert, aber auch seine Chancen samt praktischen Beispielen dargelegt. Nicht nur Künstlern ist diese Lektüre zu empfehlen. Aber man schafft sie garantiert nicht in zwanzig Minuten.

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