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Was machen wir heute?: Abschied nehmen

Die Schokolade zerfließt ihm unter den Fingern, so heiß ist es im Auto. Er lacht über das Autokennzeichen S-AU und Mama und Papa lachen mit.

Die Schokolade zerfließt ihm unter den Fingern, so heiß ist es im Auto. Er lacht über das Autokennzeichen S-AU und Mama und Papa lachen mit. Fast kann er das Meer schon riechen, da schläft er ein, denkt beim Einschlafen an Papas sonnenwarmen Rücken, an Wasserhuckepack – wie der Vater ihn im letzten Jahr durch die Wellen trug, wie er ihn nun wieder tragen wird. Doch als er aufwacht, ist er nicht am Meer, sondern im Krankenhaus, die Mutter sitzt an seinem Bett und als er sie fragt, wo Papa sei, beginnt sie zu weinen.

So fängt eins der vielen Bücher an, die in der Hütte vor dem Friedhof in der Großgörschenstraße ausliegen. In allen geht es um den Tod. Der Diakon Karl Griese von der Beratungsstelle für Trauernde in Tempelhof hat sie zusammengesucht, als Angebot an Kinder, aber auch an Eltern, die einen Weg suchen, mit ihren Kindern über das Thema ins Gespräch zu kommen, bei dem die meisten Unterhaltungen enden.

In einem Buch wundert sich ein Junge, warum die Menschen, die den Großonkel zu Grabe tragen, wie Pinguine aussehen. In einem anderen stirbt Kater Charlie, die Mutter kocht dem Sohn drei Tage lang seine Lieblingsspeise, Nudeln mit Käse, aber auch das hilft nichts gegen Tränen. Dass man Trauer nicht abschnüren kann, das ist die eine Botschaft. Dass man auch lachen darf, die andere: Warum die Meerjungfrau ausgestorben ist, will ein Bild erklären und zeigt eine, die mit Föhn in der Hand durchs Wasser treibt.

In der anderen Ecke hört das Lachen wieder auf. Dort können Besucher auf einer blauen Wand ihre eigene Botschaft hinterlassen. Ein kleiner Zettel mit großem „Warum?“ hängt da, außerdem ein sehnsüchtiger Brief an ein Kind, unterschrieben mit „deine Mami“. Für die Größe der Ausstellung, die paar Quadratmeter nur, kann man hier viele Tränen vergießen. Verena Friederike Hasel

Bilderbuchausstellung im Ausstellungscontainer vor dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof, Großgörschenstraße 12 in Schöneberg, bis zum 18. Juli täglich von 13 bis 18 Uhr geöffnet

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