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Was machen wir heute?: An der Rutsche warten

Dina-Rosa weiß immer genau, welcher Spielplatz für sie infrage kommt. „Ich will auf den Wasserturm“, sagt sie dann.

Dina-Rosa weiß immer genau, welcher Spielplatz für sie infrage kommt. „Ich will auf den Wasserturm“, sagt sie dann. „Oder auf die Marie. Aber in keinem Fall auf den Kolle!“ Im Winter war es mir in der Regel egal, wo sie nun warum auch immer hinwollte, Hauptsache raus.

Jetzt aber, da es endlich warm ist, gestaltet sich die Spielplatzwahl wieder zu einem echten Problem. Denn „der Wasserturm“, „die Marie“ oder „der Kolle“, wie Dina-Rosa die Spielplätze nennt, liegen alle in Prenzlauer Berg, dem Bezirk mit der bekanntlich höchsten Geburtenrate in Deutschland, zumindest innerhalb des S-Bahn-Rings. Das bedeutet: Seit gut einer Woche sind hier alle Spielplätze nach 16 Uhr und am Wochenende proppenvoll, schlimmer als Freibäder im Hochsommer. Und das bedeutet: Jedes Kind kann froh sein, wenn es ein Eckchen zum Buddeln hat, wenn es alle zehn Minuten mal auf die Schaukel kommt, wenn an der Rutsche nur fünf Kinder vorher dran sind. Mit anderen Worten: Es ist schrecklich. Und das weniger für die Kinder, die es nicht anders kennen, als für mich als Vater. War man nicht vor ewigen Zeiten unter anderem nach Berlin gekommen, um in Ruhe gelassen zu werden, um sich in der Anonymität wohlzufühlen? Jetzt sitzt man also eng an eng mit Pseudohipstern und Möchtegernszenisten, die ihre biografischen Szenelücken füllen wollen, lässt sich beschimpfen, wenn Dina-Rosa wieder mal ein Förmchen gebunkert hat, oder muss mit anhören, wie eine Mutter zu ihrem Sohn sagt: „Du bist vier Jahre alt, du hast nicht in einem solchen Ton mit mir zu sprechen“. (Gut gebrüllt, Löwin!)

Inzwischen reagiert Dina-Rosa deshalb verständnisvoll, wenn ich zu ihr sage, Wasserturm und Marie seien zu voll, und dann bestimme, „zur Metzer“ zu gehen. Es ist zwar ein Frevel, das zu verkünden: Aber zwischen Metzer und Belforter Straße befindet sich, eingerahmt von mehreren Wohnblocks, ein Spielplatz, der unerklärlicherweise häufig total eltern- und kinderleer ist – eine Wohltat. Gerrit Bartels

Spielplatz Metzer Str.: Eingang über Metzer Str., Ecke Prenzlauer Allee oder Belforter Str.

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