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Was machen wir heute?: Bäume fällen

Wie eine Rentnerindie Stadt erleben kann

Es war einmal ein Bausenator in Berlin, der hieß Harry Ristock und sprach: „Ich stelle mich schützend vor jeden Baum.“ Damals, Mitte der 1970er Jahre, war das nicht selbstverständlich. Heute betont jeder Bezirksbürgermeister, es gehöre zu den Aufgaben seines Grünflächenamtes, sich schützend vor jeden Baum zu stellen.

Gewiss, es dürfen auch Bäume gefällt werden, falls es die Umstände erfordern. Unglücklicherweise stehen zwei Eichen dort, wo die Rentnerin wohnt, direkt an der Gartenmauer zur tiefer gelegenen Straße, die Sprengkraft der Wurzeln ist mittlerweile bedrohlich, die Mauer dringend zu erneuern, aus Gründen der Gefahrenabwehr musste die Fällgenehmigung beantragt werden. Drei Monate dauerte es, bis Bedienstete des Grünflächenamtes zur Ortsbesichtigung erschienen. Sie sagten: Nein!

Wieder ist ein Monat vergangen, aber der schriftliche Bescheid lässt weiter auf sich warten. Die Rentnerin trug die langwierige Sache sogar dem Bezirksbürgermeister in dessen Bürgersprechstunde vor. Er war sehr nett und hakte nach; auf die Entscheidung selbst darf er natürlich keinen Einfluss nehmen. Dieser Tage rief jemand aus dem Bürgermeisterbüro an. Er bat um Nachsicht für „technische Probleme beim Erstellen von Bescheiden“, nunmehr sei der Bescheid in Arbeit.

Welche technischen Probleme? Egal. Sie ahnt schon, wie die Geschichte weitergeht: Im Fall der Ablehnung wird Widerspruch eingelegt und ein Gutachten beigefügt. Gegen die Empfehlung eines unabhängigen Sachverständigen wird man die Fällgenehmigung kaum versagen können. Aber das kann wieder dauern.

Da dem Grünflächenamt offenbar zunächst der Blick auf die Bäume genügt, vor die es sich schützend stellt, fragt sich die Rentnerin, warum es keine Vorschrift gibt, wonach Anträge nur mit beigelegten Gutachten entgegengenommen werden. Dann könnte man sich Hinhalterei und Widerspruchsverfahren sparen. Es ist direkt zum Lachen: Unsere bürgernahe Verwaltung hat kein Geld für urteilskräftige Fachleute, für zeit- und kostenaufwendige Verfahren aber hat sie es. Brigitte Grunert

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