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Was machen wir heute?: Berlin light

Die Sonne spiegelt sich auf dem Wasser des Großen Wannsees, ein lauer Wind streift über das von der Abendsonne eingefärbte Deck des Fährschiffes, auf dem zwei ältere Damen mit Hut grüne Berliner Weiße trinken – es ist alles ganz leicht hier, denke ich, eigentlich zu leicht für das derbe Berlin. Da ertönt eine Durchsage: „Vielen Dank für Ihre Fahrt mit der Stern- und Kreisschifffahrt.

Die Sonne spiegelt sich auf dem Wasser des Großen Wannsees, ein lauer Wind streift über das von der Abendsonne eingefärbte Deck des Fährschiffes, auf dem zwei ältere Damen mit Hut grüne Berliner Weiße trinken – es ist alles ganz leicht hier, denke ich, eigentlich zu leicht für das derbe Berlin. Da ertönt eine Durchsage: „Vielen Dank für Ihre Fahrt mit der Stern- und Kreisschifffahrt. Wenn es Ihnen gefallen hat, dann empfehlen Sie uns weiter. Wenn nicht, behalten Sie es einfach für sich.“ Wieder diese Lässigkeit. Ich erschrecke – leicht.

Ist Berlin wirklich schon so lässig geworden? Mein Blick streift über das glitzernde Wasser hinüber zum Ufer. Vielleicht ist es ja kein Zufall, dass am Wannsee immer weitläufigere Yachthäfen entstehen – stellenweise abgelöst von Stränden, an den Männer ihre Kinder mit Wasserpistolen bespritzen und dabei lauter lachen als die Kleinen. Ja, es kann schon so sein, denke ich: Die Stadt wird leichter, Berlin light. Inzwischen gibt es selbst an kleinen Pfützen wie dem Weißen See Strandbars, in denen orange gespritztes Weißbier zu Reggaerhythmen gereicht wird. Inzwischen säumen jedes Gewässer unzählige Sommercafés, die früher Biergärten waren und in denen heute italienische Kellner aufgeregt um die Rechnung für eine Bionade streiten, bevor sie den verängstigten Berlin-Touristen zurufen: „Is’ doch nur Spaß.“

Das Fährschiff legt an, die beiden älteren Damen mit Hut haben ihre grüne Berliner Weiße ausgetrunken. „Hast du gehört, was der Kapitän gerade gesagt hat?“, sagt die eine mit verärgerter Stimme. „Unerhört“, ereifert sich die andere und zitiert die Durchsage: „Wenn es Ihnen nicht gefallen hat, dann behalten Sie es einfach für sich.“ Kurzes Atemholen, dann sind sich beide einig: „Warum sagen die nicht an, wo man sich beschweren kann, wenn es einem nicht gefällt?“

Berlin bleibt doch Berlin, denke ich, als ich an Land gehe. Erleichtert. Robert Ide

Stern- und Kreisschifffahrt; Abfahrt täglich am Großen Wannsee und am Treptower Park.

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